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Die gebürtige
Irin, die ihre gesangliche Ausbildung in Süd-Afrika und in Deutschland erhalten hat, ist
seit der Saison '95/'96 festes Ensemblemitglied der Deutschen Oper Berlin, wo sie
bereits in einigen lyrischen Partien zu hören war, außerdem gastiert die Sopranistin an
vielen Opernhäusern Europas. In Massenets 'Manon' - anders als bei Prévost, bei dem Des
Grieux vor allem der Protagonist ist - ist sie die Hauptperson und Fionnuala McCarthy
verstand Manon ins rechte Licht zu rücken. Fragil und doch zugleich lebensfroh und
lebenshungrig, den angenehmen Seiten des Lebens immer zugetan, aber letztendlich die Liebe
doch höher einschätzend als die materiellen Werte, ist sie eine Person voller Launen,
Wechselhaftigkeit und Sprüngen. Ein Opfer ihrer Jugend und ihrer Lebensgier, das Massenet
geschickt verstand, musikalisch zu zeichnen, und Fionnuala McCarthy mit ihrem klaren
Sopran und ihren romantisierenden, innigen Passagen imponierend ausfüllte. Im Libretto
von Henri Meilhac (unter Mitarbeit von Philippe Gille) bleibt sie dagegen wie auch Des
Grieux und Lescaut - bei Massenet ihr Cousin, bei Prévost ihr Bruder - viel
verschwommener. "Es scheint," so Regisseur Cesare Lievi, "als hätte sich
der Librettist an diesen auch noch für das 19. Jahrhundert gewagten, ja skandalösen
Stoff im Gegensatz zu Massenet nicht so richtig herangetraut. Ich habe versucht, anhand
der Romanvorlage den Personen mehr Profil zu geben." (Siehe ausführliches Interview
mit Cesare Lievi) Dies ist ihm nur bedingt gelungen. So ist im Libretto und somit in der
Oper Lescaut als Spieler aber kaum als Verbrecher und Zuführer von Manons Liebschaften zu
erkennen. Nur in der Briefszene läßt sich durch Gestik und Darstellungsweise erkennen,
daß Lescaut versucht, Des Grieux von Manon abzulenken, damit De Brétigny in der
Zwischenzeit Manon seine Aufwartung und Avancen machen kann. Marc Barrard sang die Rolle
des Lescaut sicher und mit wohltönenden Bariton. Wie Barrard gab auch der Tenor Paul
Groves in 'Manon' sein Debüt an der Deutschen Oper Berlin. Der Amerikaner zählt zu den
international vielversprechendsten jungen Tenören. Neben zahlreichen Auftritten seit 1992
an der New Yorker MET, deren Nachwuchsprogramm er angehörte, ist Paul Groves mittlerweile
ein gefragter Gast an der Wiener Staatsoper und an der Mailänder Scala. Stimmlich
überzeugend, mit Leichtigkeit in den Höhen und einem berührenden Touch vor allem in den
Liebesduetten, gelang ihm darstellerisch der sich vom unbedarften Internatsabsolventen
über dem aus Enttäuschung zum Priesteramt bekennendem zum für seine große Liebe Ehre
und Moral opfernden Spieler nicht in allen Szenen ebenso eindringlich.
Cesare Lievis Regiekonzept stieß bei den meisten Zuschauern auf Akzeptanz bis Gefallen,
wenn auch nicht auf großartige Begeisterung. Ablehnung brachten ihm vor allem einige
Kritiker entgegen. Lievi hatte das Geschehen vom 18. Jahrhundert in die Zeit der
Uraufführung (1884) verlegt, um wie er sagt, die Figuren und das Geschehen plausibler zu
gestalten. Als Bühnenbild hat er über alle fünf Akte hinweg mit seinem Inszenierungteam
mit Margherita Palli (Bühnenbild), Luigi Perego (Kostüme), Gigi Saccomandi (Licht) und
Daniela Schiavone (Choreographie) ein einstöckiges Bahnofs-/Fabrikgebäude aus alten,
trist-grauen, nietenbesetzten Stahlträgern mit Eisentreppen gewählt, in dem sich oder an
dessen Rande sich alles abspielt. Zu diesem Bahnhofschiffre gehören auch ein bis zwei
Eisenbahnwagons, die nur im ersten Akt, als das Bahnhofsgebäude auch ein Restaurant
beherbergt, bei der Szene in Saint-Sulpice und bei der Hafenszene im fünften Akt, in der
die Stahlträger zur Hafenkulisse werden, fehlen. Selbst die kleine Pariser Wohnung von
Manon und Des Grieux ist in einem Eisenbahnwagon eingerichtet und auch bei der
Volksfestszene des dritten und der Spielsalon-Szene des vierten Aktes bleiben die
'aufgeschnittenen' Eisenbahnwagons Teil des Bühnenbildes. Die Stimmung des Bühnenbildes
ändert sich vorrangig durch die Beleuchtung. Die Kostüme sind farbenprächtig,
insbesondere bei der Volksfestszene und dem darin vorkommenden Ballettauftritt der Pariser
Oper, deren Mitglieder als 'Geister und Marionetten' den Bürgerlichen und den Adeligen in
ihren barocken Pracht-Kostümen passend zu Massenets Musik den Spiegel vorhalten. |