Gran
Teatre del Liceu Barcelona im September 2003
Saisoneröffnung mit Boesmans
Wintermärchen
Text: Birgit Popp, Photos: Gran
Teatro del Liceu
Polixenes - Leontes - Hermione
Die
Oper Wintermärchen - Das
Gran Teatre del Liceu
Eine Ausnahmestellung nahm zur Saisoneröffnung
Philippe Boesmans Wintermärchen ein. Während bei allen anderen
Opernproduktionen der Saison 2003 - 2004 das Orchester und der Chor des
Liceos aufspielte bzw. mitwirkte - auch bei den Koproduktionen -, war
bei der Oper Wintermärchen nicht nur Bühnenbild, Ausstattung und die Sänger
von dem Brüsseler Opernhaus La Monnaie angereist sondern auch Chor und
Orchester. Das auf Shakespeares The winter's tale beruhende Libretto war
von dem Regisseur Luc Bondy gemeinsam mit Marie-Louise Bischofberger
und in enger Zusammenarbeit mit dem belgischen Komponisten
Philippe Boesmans verfaßt worden. 1993 hatte Boesmans ebenfalls in
Zusammenarbeit mit Luc Bondy und dem Bühnenbildner Erich Wonder, der
sich auch für das Bühnenbild im Wintermärchen verantwortlich zeigte,
einen überwältigenden Erfolg mit der Oper Reigen gefeiert, der von dem
Erfolg des Wintermärchens noch übertroffen werden sollte, denn das
Wintermärchen wird als das wegweisende Beispiel in seiner
symbiosenhaften Schönheit von Musik und Bühnenbild für die Oper der
Zukunft angesehen. Als eine perfekte Verbindung von Musik, Text und
dramatischer Darstellung. Vergleiche von Boesmans und Bondy mit Strauss
und Hofmansthal werden nicht gescheut.
Szenenphoto
Der im belgischen
Tongeren 1936 geborene Boesmans beschäftigte sich angeregt durch seine
Zusammenarbeit mit La Monnaie erst seit den frühen 80er Jahren intensiv
mit der Oper. 1982 war mit La Passion de Gilles sein operales
Erstlingswerk an der La Monnaie aufgeführt worden, dem 1993 Reigen und
1999 als sein drittes Opernwerk Wintermärchen folgte, das im folgenden
Jahr auch in Lyon und in Paris Chatelet triumphierte. Boesmans wollte
keine großen Mythos vertonen und entschied sich für Shakespeares populäres
Stück. Anders als die meisten zeitgenössischen Opernkomponisten möchte
Boesmans sentimentale Gefühle und Emotionen beim Zuhörer erzeugen und
ihn durch Klangschönheit für sich gewinnen. Boesmans hat mit diesem
Ziel vor Augen ein faszinierendes Klangwerk geschaffen, das Elemente von
Monteverdi bis zum Jazz beinhaltet.
Die gewählte Sprache des Librettos ist Deutsch,
sofern sich die Szenen am Hofe des Königs von Sizilien oder Böhmen
ereignen - ein Synonym für die höfische Sprache. In der Szene mit dem
Sohn des böhmischen Königs unter Taschendieben ist die Sprache
Englisch, die Musik von Jazzrhythmen geprägt. Das Libretto hält sich
bis auf wenige Adaptionen seitens Luc Bondys weitgehend an die
literarische Vorlage.
Erich Wonder, der u.a. auch für die Weltpremiere
an der Wiener Staatsoper der zeitgenössischen Oper Der Riese vom
Steinfeld das Bühnebild kreierte, hat den Winter und die Gefühlskälte
des sizilianischen Königs, der seine Frau der Untreue mit seinem
Freund, dem böhmischen König, beschuldigt und aus Eifersucht eine am
Ende sich doch noch in einem weitgehenden Happy-End, wenn auch nicht für
alle Personen, auflösende Tragödie provoziert, mit einem riesigen Berg
an Eisblöcken symbolisiert, aus der am Ende die totgeglaubte Königin
wieder hervorsteigt. Ein Symbol, positiv in die Zukunft zu schauen -
auch für die zeitgenössische Oper.
Birgit Popp
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