Hessenpferd des Monats Juli 2004
Melodie
Photo: Julia Rau
Zuverlässige
Partnerin im Behinderten-Sport
Immer noch etwas im Verborgenen findet der
Reitsport für Behinderte statt. Zu unrecht, denn abgesehen von den
enormen Leistungen der Reiter müssen auch die Pferde hohe Dressurqualitäten
mit sich bringen, sind doch in der Kür zur Musik im Grade 2 z.B. alle
Lektionen mit Ausnahme von Piaffe-Passage und Serienwechsel erlaubt und
werden entsprechend bewertet. Eines der Pferde, das im Dressursport für
Behinderte mit großem Erfolg seit dem Jahr 2003 hervorsticht, ist die in
diesem Jahr bereits 19jährige Hessenstute Melodie mit Steffen Zeibig.
Die von Frhr. Dietrich Röder von Diersburg
(Gut Marienburg, Völkers) von dem Dillenburger Landbeschäler Matterhorn
aus der Helena (v. Hessenstein) gezogene Stute kam mehr zufällig im
vergangenen Jahr in die Hände ihres heutigen Reiters und Besitzers.
"Um im B-Kader der behinderten Dressurreiter zu bleiben, mußte ich
an den Deutschen Meisterschaften in Lingen teilnehmen, "schildert der
Dresdner die damalige Situation, "da mein Pferd aber verletzt war,
war ich auf der Suche nach einem Leihpferd." Dabei stieß er im
Ausbildungs- und Turnierstall von Michael Huhn auf die bis zur Dressurprüfungen
der Kl. S erfolgreich gerittene Melodie, die dieser eigentlich als
Lehrpferd für seine Tochter erworben hatte.
Im August führte der erste gemeinsame
Auftritt gleich zum Deutschen Vize-Meistertitel der behinderten
Dressurreiter in der Stufe II (Grade II). Im September konnte das neue
Paar bei dem internationalen Turnier für behinderte Reitsportler in Prag
alle drei Prüfungen gewinnen. Da aber nur drei und nicht die geforderten
vier Nationen am Start waren, mußte Steffen Zeibig noch nach Argentinien
fliegen (dieses Mal allerdings ohne Melodie). Nach erzielter Qualifikation
erwarb der gelernte Groß- und Außenhandels- Kaufmann die Hessenstute.
Ganz den Sprung in die deutsche Mannschaft
für die ebenfalls in Athen ausgetragenen Paralympics hat das Paar zwar
noch nicht geschafft, aber zumindest die Nominierung als erste Reserve.
Nach ihren guten Plazierungen beim Mannheimer Maimarktturnier konnten sie
ihre Leistungsfähigkeit erneut bei den offenen Bayerischen
Meisterschaften anläßlich des internationalen Reitturnieres in München-Riem
mit dem Sieg in der Einlaufprüfung, Platz zwei in der Championatsprüfung
und einem dritten Platz in der Musik-Kür unter Beweis stellen.
Eines hat Melodie für Steffen Zeibig auf
jeden Fall gebracht: die Freude und den Spaß am Dressursport. Denn der
27jährige Vater von zwei Kindern, der trotz eines von Geburt an fehlenden
rechten Unterarms und rechten Unterschenkels bereits oberhalb des Knies
und eines fehlenden linken Fußes bereits mit acht Jahren zu reiten
begann und auf regulären Reitturnieren neben Dressurprüfungen
auch in Springprüfungen bis zur Kl. M gestartet ist und auf viele Erfolge
in A- und L-Springen verweisen kann, kann sich erst seit dem er Melodie
unter dem Sattel besitzt, so richtig für den Dressursport begeistern,
"Schade, daß ich sie nicht schon vier Jahre früher bekommen habe.
Sie ist für mich das ideale Pferd, auf dem ich schon unheimlich viel
gelernt habe. Dabei ist sie alles andere als ein Selbstläufer. Sie will
schon richtig geritten werden. Aber man merkt, daß sie eine hervorragende
Ausbildung hatte. Trotz ihrer 19 Jahre ist sie auch noch geistig total
fit. Sie ist ein alter Turnierhase, der aber immer noch Blödsinn im Kopf
hat, wenn man nicht aufpaßt. Es ist wirklich traumhaft schön mit ihr,
Dressur zu reiten. Was besseres, als sie zu finden, hätte mir nicht
passieren können." Die nächste große Herausforderung für das Paar
ist die DM Anfang August in Lingen.
Birgit Popp
Hinweis: Das Hessenpferd des Monats wird jeden
Monat auch in der hessischen Fachzeitschrift 'Unser Pferd' veröffentlicht,
deren Leser das 'Hessenpferd des Jahres' wählen.
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