Vorschau
Alte Oper Frankfurt am Main
Jérusalem
(Verdi)
Am 25. April 2003 um 19.30 Uhr (2.Vorstellung 27. April
19 Uhr) hat im Großen Saal der Alten Oper Frankfurt mit Jérusalem die
zweite Koproduktion dieser Spielzeit von Oper Frankfurt und Alten Oper
Premiere. Verdis Kreuzfahrer-Epos ist zugleich die letzte Neuproduktion
dieser Saison, in der der Chor eine tragende Rolle spielt und Andrés Máspero
noch einmal sein ganzes Können als Chordirektor der Frankfurter Oper
zur Entfaltung bringen kann, bevor er seinem Ruf an die Münchner
Staatsoper ab der nächsten Spielzeit folgen wird. Als Jérusalem in
seiner ursprünglichen Fassung am 11. Februar 1843 als 'I Lombardi alla
prima crociata' an der Mailänder Scala uraufgeführt wurde, verdankte
es seine begeisterte Aufnahme beim Publikum wie schon der knapp ein
Jahr zuvor mit triumphalen Erfolg uraufgeführte 'Nabucco' zu einem großen
Teil seinen überwältigenden Chorstücken. Der Chor der Kreuzfahrer in
der syrischen Wüste 'O Signore, dal tetto natio' hatte bald die
Popularität von Nabuccos 'Va, pensiero' erreicht und ertönte wie
dieser auf Mailands Straßen als Manifestation des italienischen
Patriotismus und Unabhängigkeitsstrebens.
Trotz eines verwirrenden Librettos von Temistocle
Solera und nicht ganz ausgeglichener musikalischer Qualität des Stückes,
das jedoch die typischen, publikumswirksamen Elemente der Verdi-Opern
wie seine großartige Melodik und beeindruckenden dramatischen Effekte
beinhaltet, trat 'I Lombardi' einen schnellen Siegeszug durch viele
europäische Opernhäuser an und wurde 1847 in New York uraufgeführt.
Als Verdi Anfang 1847 einen Auftrag der Pariser Opéra zur Komposition
eines neuen Werkes bis zum Herbst erhielt, lehnte er diesen Auftrag aus
Zeitknappheit ab, arbeitete aber 'I Lombardi' zu einer
Grand Opéra nach französischen Erfordernissen um. Das Libretto
einschließlich der Namen der Personen wurde durch Alphonse Royer und
Gustave Vaez entscheidend geändert und verbessert, die Handlung wurde
von Mailand nach Toulouse verlegt und Musikstücke durch Verdi
umgearbeitet und ergänzt. Wie der Frankfurter Generalmusikdirektor und
musikalische Leiter der Frankfurter Jérusalem-Produktion Paolo
Carignani sagt, "Für mich ist Jérusalem ein musikalisches Juwel.
Bei der Umarbeitung von I Lombardi zu Jérusalem ist die
Instrumentierung wesentlich komplexer ausgefallen, dabei hat Verdi aber
keineswegs sein Talent für die Prägnanz und die Unmittelbarkeit der
Melodienführung vernachlässigt. Es gibt zündende Arien, Duette und
Terzette und großartige Chrostücke."
Die Handlung spielt in Toulouse 1095 und Jerusalem
1099 während des ersten Kreuzzuges. Gaston und der Graf von Toulouse,
der Gastons Vater im Bürgerkrieg getötet hatte, versöhnen sich und
der Graf stimmt einer Heirat seiner Tochter Hélène mit Gaston zu. Dies
erzürnt die Rache Rogers, des Grafen Bruder, der Hélène selbst
liebt. Roger zettelt einen Mordkomplott gegen Gaston an, in dem aber
vermeintlich der Graf getötet wird. Der gedungene Attentäter nennt
Gaston als Auftraggeber, der daraufhin ins Exil geschickt wird. Vier
Jahre später treffen sich alle in Palästina wieder: Der Graf von
Toulouse, der das Attentat überlebte, führt die Kreuzfahrer auf ihrem
ersten Kreuzzug an. Hélène begleitet ihn auf der Suche nach Gaston,
die schließlich beide in die Gefangenschaft des Emirs von Ramla
geraten, und Roger der als Einsiedler lebt. Als der Graf Ramla erobert
und Gaston und Hélène vereint sieht, demütigt er Gaston öffentlich
und verurteilt ihm zum Tode. Der immer noch unerkannte Roger hat aber
Mitleid und verhilft Gaston zur Teilnahme an der Schlacht um Jerusalem,
in der sich dieser durch besondere Tapferkeit auszeichnet. Roger, in der
Schlacht selbst tödlich verwundet, gibt auf dem Sterbebett seine
Identität und sich als wahren Anstifter des Mordkomplottes preis und
entkräftet damit die Vorwürfe gegen Gaston. Roger stirbt mit einem
letzten Blick auf Jerusalem, der Chor verkündet ihm seine Begrüßung
durch eine Engelschar im Himmel.
Das Sängerensemble besteht aus einer hochkarätigen
Mischung von (z.T. ehemaligen) Mitgliedern der Frankfurter Oper,
darunter der Bariton Zeljko Lucic als Graf von Toulouse und der Tenor
Jorge Perdigón als Gastons Knappe Raymond, und Gastsängern wie der
amerikanische Tenor Keith Ikaia-Purdy als Gaston oder der bulgarische
Bass Julian Konstantinov als Roger.
Die Partie der Hélène singt Nelly Miricioiu.
Birgit
Popp
Erschienen in der Frankfurter Neuen Presse vom
19. April 2003
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