Teatro alla Scala, Mailand, 11. November 2012
Rigoletto
So ergreifend kann
Oper sein!
Zeljko Lucic (Rigoletto) mit Ernesto Panariello (Monterone)
Für ihre letzte Produktion der Saison 2011/12 hatte
die Mailänder Scala für Verdis Rigoletto mit Zeljko Lucic einen der
führenden Sänger der Titelpartie engagiert und mit Valentina Nafornita als
Gilda einen aufgehenden Stern am Sopran-Himmel. An ihrer Seite agierte als
sittenloser Herzog am 8. und 11. November der kurzfristig eingesprungene
Piero Pretti mit leicht geführter, wohlklingender Stimme. Der junge
italienische Tenor machte bereits im Juni 2012 in Luisa Miller als Rodolfo
an der Scala positiv auf sich aufmerksam und wird auch in der kommenden
Spielzeit an diesem Haus zu hören sein. In den insgesamt sieben
Vorstellungen wurden die Partien des Sparafucile und seiner Schwester
Maddalena von Alexander
Tsymbalyuk
und Ketevan
Kemoklidze
verkörpert. Am 6. November hatte in der Besetzung George Gagnidze (Rigoletto),
Elena Mosuc (Gilda) und Vittorio Grigolo (Herzog) die siebte
Wiederaufnahme seit der Premiere dieser Produktion am 15. Mai 1994 in
Anwesenheit des belgischen Regisseurs Gilbert Deflo, der in Brüssel und
Mailand studierte und sein Regiedebüt 1973 an der Oper Frankfurt mit
Prokofjews Liebe zu den drei Orangen gegeben hat, stattgefunden. Die
Rigoletto- Wiederaufnahme war zugleich das Verdi-Debüt des erst 31jährigen
venezuelanischen Dirigenten und Leiter des Los Angeles Philharmonic
Orchestras Gustavo Dudamel.
Zeljko Lucic (Rigoletto) und Valentina Nafornita (Gilda)
In der prachtvollen, historischen Kulisse und den
gleichermaßen prunkvollen Kostümen der italienischen Bühnenbild- und
Filmausstatter-Legende Ezio Frigerio und dessen Ehefrau und
Kostümbildnerin Franca Squarciapino war Dudamels Debüt nicht das einzige.
Für de erst 25jährige, moldauische Sopranistin Valentina Nafornita war die
Vorstellung am 8. November ihr Hausdebüt an der Mailänder Scala und
zugleich ihr Rollendebüt in der Partie der für den von ihr geliebten
Herzog in den Tod gehenden Gilda. Die Siegerin des renommierten BBC
Cardiff Singer of the World-Wettbewerbs 2011, die seit letztem Jahr
Mitglieder im Ensemble der Wiener Staatsoper ist, überzeugte durch ihre
kristallklare und dennoch warme, gefühlvolle Stimme, mit der sie die hohen
Töne wie auf einer Glasharfe anschlägt.
Ketevan Kemoklidze (Maddalena) und
Piero Pretti (Duca di Mantova)
Seit seinem auf DVD erhältlichem
Rigoletto-Rollendebüt 2008 an der Dresdner Semperoper ist Zeljko Lucic zu
einem der führenden Vertreter dieser Partie avanciert. Nach seinen
Rolleninterpretationen am Madrider Teatro Real 2009 und der New Yorker MET
2011 begleitet ihn die Partie des verkrüppelten Hofnarrens mit
Paris-Bastille (Januar/Februar), Köln (März/April), San Francisco
(September) und nun der Mailänder Scala im November in diesem Jahr
beständig und dies wird sich mit der Neuproduktion im Januar und Februar
2013 an der zu seinem Stammhaus gewordenen New Yorker MET
(Übertragung auch in den europäischen Kinos am 16. Februar 2013) und anschließend
im März 2013 in Chicago fortsetzen. Der serbische Bariton, der seine
internationale Opernkarriere als Ensemblemitglied der Frankfurter Oper
startete, trat an der Scala mit großem Erfolg in die Fußspuren der
italienischen Baritone Renato Bruson und Leo Nucci, die in der
Premierenbesetzung 1994 diese Partie gestaltet haben, und von denen
letzterer bis auf zwei Ausnahmen auch in allen Wiederaufnahmen zu erleben
war. Mit seiner in allen Registern gleichmäßig gut geführten,
geschmeidigen, höhen- wie tiefensicheren Stimme, tragfähigen, einfühlsamen
Piani, kraftvollen Ausbrüchen und langen Legato-Bögen gibt Zeljko Lucic
einen gefühlvollen, menschlichen, um das Wohl seiner Tochter ernsthaft
besorgten Vater, der am Ende zu Tränen rührt und der ebenso wie seine
Mitstreiter von Mailänder Publikum begeistert mit lang anhaltendem Applaus
und Bravorufen gefeiert wurde.
Zeljko Lucic (Rigoletto) und Valentina Nafornita (Gilda)
Für den Bariton besitzt seine Rigoletto-Premiere an
der Mailänder Scala ganz besondere Bedeutung, „Verdis Rigoletto ist für
mich eine Krone für alle Baritone. Ein großer Höhepunkt meiner bisherigen
Karriere war Rigoletto an der New Yorker MET 2011. Nun ist ein weiterer
Höhepunkt mit dem Rigoletto an der Mailänder Scala hinzugekommen. Das
steht für mich ganz oben, damit sind alle meine beruflichen Träume in
Erfüllung gegangen, wobei ich mich natürlich auf die neue
Rigoletto-Produktion an der MET im Januar freue. Sie wird in meiner
Karriere ein weiterer Höhepunkt sein. Dass die Rigoletto-Produktion an der
Scala klassisch orientiert ist, entspricht ganz meinen Vorstellungen. Sie
ist einfach traumhaft. Ich fühle mich in dieser Produktion wie zuhause und
sie kommt den Sängern sehr entgegen. Ich bin sehr glücklich und zufrieden,
dass mich das Scala-Publikum sehr gut akzeptiert hat, aber nicht nur das
Publikum sondern auch die Kollegen und der Chor am Haus.“
Szene 1.Akt 1. Bild
In der ursprünglich geplanten Otello-Produktion zur
Eröffnung der Saison 2012/13 hätte Zeljko Lucic den Jago singen sollen.
Nachdem Verdis Otello durch Wagners Lohengrin ersetzt wurde, wird er nun
erstmals als Der Heerrufer des Königs in einer Wagner-Oper zu hören sein.
Weitere Engagements als Renato in Un ballo in maschera und als Amonasro in
Aida werden den Verdi-Spezialisten im Juli bzw. im November 2013 erneut an
die Mailänder Scala führen.
Text: Birgit Popp,
Photos: Tearo alla scala
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