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Dezember 2000 - Wiener Staatsoper

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Die Wiener Staatsoper im November und Dezember 2000

Teil 2 - Dezember    Teil 1 - November

Tosca - Ernani - La bohème

Es ist alles eine Frage der Relation. Wenn ein tenorales Schwergewicht mit großer Stimmbrillanz wie Johan Botha im Monatsspielplan angekündigt ist und dann am Abend Haus-Tenor Keith Ikaia-Purdy singt, wie in der Tosca-Vorstellung am 6. Dezember 2000 geschehen, dann ist eine gewisse Enttäuschung nicht zu verleugnen. Anderseits könnten sich viele Häuser glücklich schätzen, wenn sie einen Tenor mit solcher Stimme wie die Ikaia-Purdys als ersten Tenor aufzubieten hätten. Während ihm 'Vittoria! Vittoria!' nicht gänzlich gelingen wollte, so meisterte er mit Bravour und schöner Linie seine Auftrittsarie 'Dammi i colori ..' als Cavaradossi und 'E lucevan le stelle' im dritten Akt. Doch ein Opernsänger lebt nicht nur von seiner Stimme, sondern ebenso von seiner Bühnenerscheinung und - ausstrahlung. Daran mangelt es Ikaia-Purdy, wenn etwas anderes als der jugendliche Typus verlangt ist.Dies wird natürlich dann besonders auffällig, wenn ihm eine solche Bühnenpersönlichkeit wie Falk Struckmann als Widerpart gegenübersteht. Er verkörperte mit unglaublicher Eleganz bei gleichzeitiger Machtausstrahlung und Verschlagenheit die besitzergreifende Figur des römischen Polizeichefs Scarpia mit seinem schön geführten Bariton in glaubhafter Weise.

Eliane Coelho
Eliane Coehlo

Eliane Coelho, die für ihre intensiven Rolleninterpretationen bekannt ist, gab die Floria Tosca mit einem Touch zuviel Theatralik. Ihr 'Vissi d'arte' gelang ihr allerdings sehr berührend und nuancenreich, ebenso ihr Duett im dritten Akt mit Cavaradossi. Daß mit der kanadischen Juilliard-Absolventin Keri-Lynn Wilson eine weitere Frau ihr Debüt am Dirigentenpult der Wiener Staatsoper gab, ist eine sehr begrüßenswerte Entwicklung. Die junge Dirigentin, die schon bei zahlreichen Orchestern Nordamerikas am Dirigentenpult gestanden hat und bereits die Tosca an der Oper in Nizza und in der Arena di Verona dirigiert hat, besaß jedoch deutliche Probleme, das immer wieder zu stark auftrumpfende Temperament der Wiener Philharmoniker zu zügeln und die Stimmen der Sänger zu vollen Entfaltung kommen zu lassen. Zu laut 'schallte' auch der Chor aus den Festräumen von Scarpias Palast zu Beginn des zweiten Aktes in sein Zimmer herüber und übertönte den Wortwechsel zwischen Scarpia und Cavaradossi. Allerdings macht der Repertoire-Betrieb der Wiener Staatsoper, in dem Orchesterproben für Repertoire-Vorstellungen eigentlich nicht vorgesehen sind, es insbesondere Neueinsteigern am Dirigentenpult der Philharmoniker nicht einfach.

Die Ernani-Vorstellung am 5. Dezember 2000 (Premierenbericht) zählte sicherlich nicht zu den Glanzlichtern - weder von Seiten der Sänger noch von Chor und Orchester unter der Leitung von Paolo Carignani. Der einzige, der an diesem Abend mit Stimme und Erscheinung zu fesseln vermochte, war Roberto Scandiuzzi als Silva, der am Ende gegen das Wort Karl V. die Macht über sein Mündel Elvira gewinnt, weil sich Ernani der Ehre und einem Schwur gehorchend an seinem Hochzeitstag mit Elvira selbst den Todesstoß versetzt. Georg Tichy als Don Carlos, der während der Oper zu Karl V. gekrönt wird, hatte, nachdem er am 22. November die Il trovatore-Vorstellung abgesagt hatte, wohl wieder zu früh auf der Bühne gestanden und war in weiten Teilen mit seiner Stimme im Zuschauerraum kaum zu vernehmen. Ines Salazar, als Leonora in Il trovatore gerade mit größtem Lob bedacht, zeigte sich bei ihrem Rollendebüt als Elvira an der Wiener Staatsoper zu Beginn der Vorstellung sehr zaghaft, gewann aber zunehmend an Sicherheit.

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Roberto Scandiuzzi und Neil Shicoff in Ernani

Während Neil Shicoff als Ernani schon manchmal Mühe hatte, in der Inszenierung von Graham Wick und dem Bühnenbild und den Kostümen von Richard Hudson seine Rolle nicht ins Lächerliche abgleiten zu lassen, gelang dies Janez Lotric in der Titelpartie noch weniger. Lotric, der wie auch am 9. Dezember für Giuseppe Giacomonin einsprang, nahm zudem an diesem Abend auch stimmlich nicht gefangen. Aufatmen durften die Ernani-Fans am 9. Dezember 2000 mit der selben Besetzung und musikalischen Leitung. An diesem Abend wollte alles stimmlich und musikalisch deutlich besser gelingen und man konnte von einem zwar nicht überragendem, aber doch gelungenen Abend sprechen und sich neben der beeindruckenden Baßgewalt von Roberto Scandiuzzi vor allem an der schön geführten, auch in dramatischen Momenten einschmeichelnden Stimme von Ines Salazar erfreuen.

Die La bohème-Vorstellung am 8. Dezember sah Krassimira Stoyanova in ihrem Rollendebüt an der Wiener Staatsoper als Mimi statt der ursprünglich angekündigten Cristina Gallardo-Domas und Ingrid Kaiserfeld an Stelle von Alexandra von der Weth als Musetta. Stoyanovas Rollendebüt gelang mit einer in sehr schöner Puccini-Linie gesungenen und sehr einfühlsamen Darstellung der kranken Mimi. Überzeugend war das Herren-Quintett mit Tito Beltrán als mit viel Schmelz und Höhensicherheit singender Rodolfo, Manuel Lanza als viel Spielwitz und baritonalen Wohlklang verbreitender Marcello, einem sich stimmlich hervorragend entwickelnden Boaz Daniel als Schaunard, einem in seiner Mantel-Arie als Coline glänzender Goran Simic und einem als Benoit sein komödiantisches Talent entfaltender Alfred Sramek. Die musikalische Leitung oblag Simone Young, unter deren Dirigat die Wiener Philharmoniker manchmal etwas weniger hätten auftrumpfen dürfen, die andererseits in den lyrischen Momenten den Sängern jedoch immer wieder Raum zur Entfaltung gab. Die naturalistische Inszenierung von Franco Zeffirelli, der sich auch für das Bühnenbild verantwortlich zeichnet, hat auch in der 279. Aufführung nichts an ihrem Reiz und ihrer Intensität verloren.

Birgit Popp

Teil 1 - November 2000

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