Die Wiener Staatsoper im
Oktober/November 2003
Falstaff - Premiere
Falstaff (Bryn Terfel) bei der Geisterstunde
Herausragendes Ereignis an der Wiener Staatsoper
im Oktober war die Premiere von Verdis Falstaff am 19. Oktober 2003. Mit
Bryn Terfel und Carlos Alvarez waren zwei Sing-Schauspieler ganz in
ihrem Element und verbreiteten pure Opernfreuden. Regisseur Marco Aturo
Marelli, der sich auch für Bühnenbild und Kostüme verantwortlich
zeigte, brachte ein farbenprächtiges Opernspektakel auf die Bühen,
dies zwar mit einem abstrakten, an die Renaissance-Zeit angelehnten Bühnenbild
bzw. - struktur, aber dennoch immer im Rahmen des Librettos. An der
Seite der beiden umwerfend komischen und stimmgewaltigen Baritone, deren
Spielfreude nicht zu übersehen war, glänzten ein ebenso gut
aufgelegter Michael Roider als der um Fords Tochter Nannetta (Tatjana
Lisnic) vergebliche anhaltender Dr. Cajus, Alfred Sramek und Herwig
Pecoraro als Falstaffs Diener Pistola und Bardolofo. Cosmis Ifrim
ersetzte in der Premiere den erkrankten Rainer Trost als Fenton, dem
Geliebten Nannettas, der mit Hilfe der Frauen am Ende die Hand Nannettas
erhält. Cosmin Ifrim erwies sich stimmlich als auch darstellerische als
weit mehr als nur ein eingesprungenes Cover und zeigte sich in der
Partie idealer besetzt als der etwas steif in dieser Farse wirkende
Rainer Trost, der ab der dritten Vorstellung seinen Part wieder übernahm.
Über die Damen kam mit Krassimira Stoyanova als Alice Ford, Elina
Garanca, der bereits erwähnten Tatiana Lisnic als Nannetta und Jane
Henschel als urkomische Mrs. Quickly ebenfalls in Verdis 1893 uraufgeführten
Spätwerk große Freude auf. Für die gelungene musikalische Umsetzung
sorgte Fabio Luisi am Dirigentenpult. Ein Opernspaß, wie man ihn selten
erlebt.
Unverhofft kam das Wiener Publikum in den Genuß
seiner Lieblinge Carlos Alvarez und Bryn Terfel auch in der Rolle des
Figaro in Mozarts Le Nozze di Figaro, da Ildebrando D'Arcangelo wegen
eines operativen Eingriffes sein Mitwirkung bei der musikalischen
Neueinstudierung unter Seiji Ozawa absagen mußte. Carlos Alvarez sang
die erste und zweite Vorstellung der Aufführungsserie am 6. und 9.
November, Bryn Terfel die beiden Vorstellungen am 12. und 17. November.
Ein 'Traumpaar' des Wiener Publikums stand mit Stefania Bonfadelli und
Juan Diego Flórez zudem in Bellinis La Sonnambula im Mittelpunkt des
Interesses. Beiden läuft in diesem Fach so schnell niemand derzeit den
Rang ab. Giuseppe Sabbatini gab einen glaubhaften Hoffmann in Les Contes
d'Hoffmann mit seinem gut geführten, stimmlich immer präsenten Tenor,
während Tom Fox als sein baritonaler Widerpart ebenfalls gefallen
konnte.
Birgit Popp
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