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Gespräch del Monaco - Carignani Teil 3

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Gespräch mit Giancarlo del Monaco
(Regisseur und Generalintendant der Oper von Nizza) und Paolo Carignani (Dirigent und designierter
GMD der Oper Frankfurt) 

Teil 3 - eigener Regiestil -  die Frage des Ensembles -
die Zukunft der Oper

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Giancarlo del Monaco
? Komisch, jeder sagt das, aber es ist ja nichts Naturgegebenes, sondern der Betrieb, der Markt hat sich so entwickelt. Mehr oder weniger sind daran alle beteiligt ..

G.d.M: Aber warum hat sich der Markt so entwickelt ? Was passiert in den Konservatorien, was passiert in den Schulen ? Musik wird nicht mehr so gepflegt, wie sie einmal wurde. Ich hatte in Bonn als Generalintendant drei tolle Sänger, drei Tenöre entdeckt. Der eine war Johan Bohta. Johan war  mir vom Gesangswettbewerb weg fest engagiert worden. Der eine war Marcus Haddock, außerdem auch Soprane. Sie haben bei mir sechs Monate gesungen. Im achten Monat war der Johan Bohta verschwunden. Bei einer Generalprobe zufällig von 'Cavalleria' und 'Bajazzo' war er noch nicht wieder da. Er ist nach Wien gegangen, weil er dort statt 8.000 Mark im Monat, 10.000 Mark am Abend kassierte. Er hat einen Prozeß in Kauf genommen, den er verloren hat. Er hat dem Theater 200.000 Mark zurückgezahlt. Er hat gesagt, 'das ist mir egal, ich will Geld verdienen'. Das bedeutet, das Gold regiert die Kunst. Ich glaube, es könnte wieder die große Persönlichkeit kommen, die dem Ganzen einen Sinn gibt. Denn nur mit Geld sind auch diese Sänger nicht glücklich. Ich treffe sie alle im Flugzeug. Sie hetzen von einem Termin zum anderen, haben nur noch im Flugzeug Zeit zum Schlafen. Man nimmt irgendwie Schallplatten auf. Der Sänger, der auf der Bühne den Pamino singt, singt auf der Schallplatte den Troubadour. Da ist Star Wars in den Opernstudios, da wird gedreht, doch die Isolde ist auf der Bühne höchstens eine Agathe. Wir müssen uns nichts vormachen, wir leben in einer schwierigen, konfusen Zeit. Und es wäre vielleicht Zeit, daß uns das 21. Jahrhundert nicht ein Ensemble im alten Sinne bringt. Man geht nicht zurück, aber daß wieder einmal eine Gruppe von begeisterten Menschen, so wie es die camerata florentina einmal war, sich entscheidet, wir wollen zusammen gut bezahlt arbeiten und einen neuen Stil entwickeln. Weil die Stile, die heute da sind, sind sehr heterogen. Man weiß nicht, genau, wo man heute hingeht. Es gab Stile, es gab Linien. Heute gibt es keine Linien mehr. Vielleicht die letzte Linie, die es gab, war die von Ruth Berghaus. Heute gibt es den verzweifelten Versuch, eine Linie zu finden. Der Moment ist günstig, aber er ist auch sehr ungünstig. Wer weiß, was mit der Oper im 21. Jahrhundert passiert. Das ist eine große Frage.

? Sie besitzen selbst, sehr unterschiedliche Arten an eine Inszenierung heranzugehen bzw. zu inszenieren. Was gibt für Sie den Ausschlag, in welcher Form Sie ein Stück inszenieren ?

G.d.M: Zuerst starte ich immer vom Stück und ich muß dieses Stück empfinden. Wenn Sie so wollen, ich bin kein Intellektueller in Anführungszeichen. Ich vermute, ich bin intelligent, aber ich bin kein Intellektueller, das bedeutet, ich bin sehr ein 'Bauchmensch'. Wenn ich eine Oper, ein Werk empfinde, dann hat das für mich keine exakte Linie. Das bedeutet, wenn ich Tristan höre, dann mag es sein, daß ich dieses Werk ganz anders empfinde, wie der allgemeine Stil, wie die allgemeine Linie ist, oder sagen wir die Tradition, oder die Mode, was noch schlimmer ist. Ich fühle mich sehr individuell unabhängig ein Stück so zu inszenieren, wie ich es empfinde. Es kann heute realistisch inszeniert sein, es kann übermorgen ganz anders inszeniert werden. Der Beweis ist die 'Cavalleria', die von mir in verschiedenen Stilen inszeniert worden ist. Ich bin so. Ich habe meine Karriere in Italien begonnen. Ich komme aus der italienischen Tradition und ich habe mich gereinigt und purifiziert durch das deutsche Musiktheater. Deshalb denke ich, daß es gar nicht so schlecht ist, einmal teilweise einen kleinen Schritt nach hinten zu machen. 'Simone Boccanegra' in der Nazizeit an der New Yorker MET zu machen, bringt Dir allerhöchstens einen Tritt in den Hintern, bevor Du das Konzept präsentiert hast. Dann mußt Du sagen, 'ich arbeite nicht an der MET', aber mir ist es egal. Ich arbeite gerne an der MET und ich weiß, daß die Amerikaner in der Tradition der Oper zweihundert Jahre zurück sind. Du kannst ihnen diesen Sprung nicht sofort anbieten. Ruth Berghaus geht an die MET und macht die Trojaner, das Modell käme nicht durch den Bühneneingang. Das ist kein Kompliment an die Amerikaner, verstehen Sie mich richtig. Ich würde es dort gerne sehen. Ich für mich als Person betrachte mich für ziemlich frei von bestimmten Stilen und Moden. Ohne daß ich mich wie eine Hure fühle. Ich fühle mich wunderbar und plötzlich sage ich an einem Tag, jetzt möchte ich auf der Bühne ein Renaissance- Werk haben. Herrlich. Es gibt zum Beispiel 'Palestrina'. Es ist ein phantastisches Werk, es sollte viel öfters gespielt werden. Aber wie kannst Du 'Palestrina' machen ohne dieses Gefühl der Kirche, die da bejubelt wird in ihrer Gefährlichkeit. Wie kann man 'Benvenuto Cellini' von Berlioz machen ohne genaue Kenntnisse von Rom, der Kirche, der Malerei, der Skulpturen ? Es ist aus meiner Sicht immer aus dem Werk heraus individuell zu betrachten. So empfinde ich die Sache.

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Paolo Carignani
 

? Wieweit sehen Sie angesichts der Situation, der Marktentwicklung, überhaupt eine Chance in Frankfurt ein Ensemble zu bilden und den Betrieb künstlerisch zu konsolidieren ?

P.C.: Wenn ich nicht zuversichtlich wäre, dann wäre ich gar nicht hier. Das ist eine große Herausforderung in ganzen vollen Respekt auch vor den großen Direktoren und Dirigenten, die vorher hier gewesen sind. Ich versuche mein Bestes zu geben und dies mit viel Enthusiasmus. Ich denke, es ist noch nicht an der Zeit, großartige Versprechungen zu machen, aber von meiner Seite werde ich alles geben, um dahin zu kommen. Die Größe eines Theaters kann man auch an der Struktur messen, die um die Sänger aufgebaut ist. An den Korepetitoren, Studienleitern, den Assistenten, ob die von einer guten Qualität sind. Sie müssen Tag für Tag mit den Sängern arbeiten und sie in ihren Karrieren auf intelligenter Art und Weise begleiten können.

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