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Teatro de la Maestranza, Sevilla (ESP), Premiere, 4. Mai 1999

El Cid (Le Cid)

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Photo: Guillermo Mendo Murillo, Sevilla
Text von Birgit Popp

Wiederbelebung von Massenets fast vergessener Oper 'Le Cid' wird zum großartigen Spektakel in prunkvoller Kulisse mit herausragender Besetzung - Plácido Domingo (Rodrigue/Le Cid), Elisabete Matos (Chimene), Ferruccio Furlanetto (Don Diego), Eva Santana (L' Infante), Alain Vernhes (Le Roi), Valeri Alexejev (Le Comte de Gormas), Fernando Latorre (Don Alonzo), Josep Ruiz (Don Arias), Sergio Fontana (St. Jacques), Eric Martin-Bonnet (L'Envoye Maure)

Wenn man in den beiden Tagen nach der Premiere die Zeitungen in Sevilla aufschlug, so hatte die Premiere viele Sieger gesehen. Bei einem Kommentator war es Furlanetto, beim anderen Plácido Domingo, Elisabete Matos oder Hugo de Ana, der Regisseur, Bühnen- und Kostümbildner in einer Person vereinte. Der eigentliche Gewinner dieser Premierennacht in Anwesenheit der königlichen Familie war Massenets zu unrecht fast vergessene Oper 'Le Cid' oder auf Spanisch 'El Cid'. Daß es zu dieser Wiederbelebung des 1885 an der Pariser Oper uraufgeführten Werkes kam, war insbesondere der Verdienst von Plácido Domingo. Bereits 1988 hatte er 'Le Cid' in einer konzertanten Aufführung in Madrid gesungen, in Sevilla wurde die Oper nun erstmals szenisch in Spanien aufgeführt. Von Sevilla aus wird die Produktion für die nächste Spielsaison nach Washington reisen. Mit dem dortigen Opernhaus, an dem Plácido Domingo der künstlerische Leiter ist, entstand die Inszenierung von Sevilla als Koproduktion.

Dem spanischen Tenor ist Massenets Oper um den charismatischen spanischen Heerführer, der zum Inhalt von 26 Opern, unzähligen Legenden, Romanen und Spielfilmen geworden ist, geradezu auf den Leib geschrieben. Mit ihren vielen, wunderschönen Melodien, die meist nur als Arien oder Duetten in Konzerten gesungen werden, ist die Oper äußerst attraktiv. Bereits 1976 hatte Plácido Domingo erstmals den Cid in der New Yorker Carnegie Hall in einer konzertanten Aufführungen gesungen. Ein Mitschnitt dieses Konzertes ist die einzige verfügbare Gesamtaufnahme der Oper. Seit dieser Zeit war es Domingos Wunsch, diese Rolle auch auf der Bühne zu repräsentieren. Der Zeitpunkt für die Umsetzung dieses Traumes war exakt gewählt. Am Tag der dritten von vier Vorstellungen, dem 10. Mai 1999, feiert Spanien den 900. Todestag von dem 1043 geborenen Rodrigo Díaz de Vivar, besser bekannt unter dem von den Mauren verliehen Titel 'El Cid'. Zwar stammt El Cid aus der nordspanischen Provinz Burgos, wo ihm ebenso wie in Sevilla ein Denkmal gewidmet ist, doch vor allem im Süden kämpfte er gegen die Mauren - und gelegentlich auch für sie.

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Plácido Domingo als Le Cid
Photo: G. Mendo Murillo, Sevilla
Das Denkmal von El Cid in Sevilla
Photo: Birgit Popp

Für das Teatro de la Maestranza ist die El Cid-Produktion der Höhepunkt der Spielzeit '98/99, wenn nicht gar der Höhepunkt seit dem Bestehen des Opernhauses. Das im Herbst 1991 anläßlich der in Sevilla stattfindenden Expo '92 eingeweihte Haus war in den ersten Jahren seines Bestehens vor allem für Konzerte genutzt worden, hat sich seit Mitte der neunziger Jahre aber neben Madrid und Barcelona zum führenden Opernhaus in Spanien entwickelt. Nach wie vor ist der Spielplan jedoch sehr abwechslungsreich und variiert von Operninszenierungen über sinfonische Konzerte, Ballettvorstellungen bis hin zu Liederabenden.

Zu den gefeierten Stars neben Plácido Domingo zählten am Premierenabend Ferruccio Furlanetto, der den stärksten Applaus geerntet haben dürfte, und Elisabete Matos. Musikalisch und stimmlich war die Darstellung des italienischen Basses als in seiner Ehre gekränkter und mit seinen Rachegelüsten die Hoffnungen seines Sohnes Rodrigue auf eine Liebesheirat vorerst zerstörender, greiser Vater Don Diego nicht zu überbieten gewesen. Seine dramatische Stimme, sein Vibrato sind unvergleichlich packend - sowohl in den Momenten des Stolzes und der Rache als auch der Gebrochenheit und Trauer. Wer ihn zuletzt als komödiantischen 'Mustafa Bey' in 'L'italiana in Algeri' in Wien und dann in Sevilla in dieser dramatischen Rolle erlebt hat, der glaubt kaum, daß er ein und denselben Sänger vor sich hatte. Bereits als 'Zaccaria' in 'Nabucco' hatte Furlanetto in Sevilla für Applausstürme gesorgt.

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Plácido Domingo - Elisabete Matos - Eva Santana
Photos oben und unten: Guillermo Mendo Murillo, Sevilla

In glänzender Form zeigte sich die portugiesische Sopranistin Elisabete Matos, die bereits in 'Divinas Palabras' an der Seite von Plácido Domingo zur Wiedereröffnung des Teatro Real in Madrid brilliert hatte. Gleiches gilt für die dramatische Rolle der Chimene, die zwischen ihrer Liebe zu Rodrigue und den Rachegefühlen gegenüber ihrem Liebsten schwankt, bis am Ende die Liebe zum siegreich heimkehrenden El Cid siegt. Ihre Arie 'Pleurez mes yeux', vorgetragen voller Schmerz und Inbrunst, zählte zu den großartigen Höhepunkten des Abends. Ihre Höhen, ihre Sicherheit, ihre stimmliche Präsenz beeindruckten. Auch das Liebesduett zwischen Chimene und Rodrigue, der ihren Vater Graf Gormas zur Rettung der Ehre seines Vaters Don Diego im Zweikampf getötet hatte, hätte sowohl von ihrer als auch von seiner Seite kaum intensiver und eindringlicher sein können . Ebenso wie in seiner Arie 'O souverain, o juge, o père' ging Domingos Stimme direkt ins Herz. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß er am Premierenabend zu Beginn der Oper ein paar unsichere Momente hatte. Seine mittlere Lage hat an Wärme, Intensität und Ausdruckskraft nichts eingebüßt. Seine Phrasierung, seine Wechsel zwischen den Registern sind nach wie vor vorbildlich. Die Rolle, in der der Tenor wie in nur wenigen anderen Opern fast ständig präsent sein muß und eine gewisse Einteilung der Kräfte angebracht erscheint, bietet Domingo alle lyrischen und dramatischen Möglichkeiten. Zu den glänzenden Erscheinungen des Abends zählte auch Eva Santana mit ihrem klaren, strahlenden Sopran als Infante. Auch ansonsten waren alle Partien bis hin zu den kleinsten Rollen stimmlich hervorragend besetzt.

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links: Ferruccio Furlanetto als Don Diego

Das Szenario von detailfreudigen Bühnenbildern und prachtvollen Kostümen - von Hugo de Ana mit großer Präzision und Grandezza ausgearbeitet und in königliches Rot getaucht - ließ das 11. Jahrhundert und den Hof Alfonso VI. in all seiner Pracht und seinem Prunk wieder aufleben. Nicht nur die Ohren, sondern auch die Augen erlebten Glanzvolles. Zwar fein ausgetüftelt, aber doch insgesamt etwas zu dunkel gehalten, war die Beleuchtung. Etwas mehr Licht hätte die Pracht manchmal noch mehr zur Entfaltung gebracht. Der Chor der Freunde des Teatro de la Maestranza, dessen Mitglieder fast alle Amateure sind, war von dem argentinischen Chorleiter Vicente la Ferla mit viel Gefühl für die 'Grand Opéra' und der für sie typischen, imposanten Chorszenen einstudiert worden und leistete Beachtliches - nicht nur stimmlich, sondern auch körperlich auf der stufigen Bühne. Die musikalische Gesamtleitung unterlag dem künstlerischen Direktor des Madrider Teatro Real García Navarro, der am Pult des sinfonischen Orchesters von Sevilla stand. Auch die Leistung des Orchesters gilt es im allgemeinen nicht zu bemängeln, die Ouvertüre hätte jedoch präziser ausfallen dürfen. Seine 'Soloszenen' hatte das Orchester vor allem in den für die jeweilige Provinz typischen Tänzen zu Beginn des zweiten Aktes. Von den sieben Tänzen waren jedoch drei völlig gestrichen und die anderen zum Teil sehr stark gekürzt worden. Die Choreographie der Tänze mit spanisch-muselmanischen Anlehnungen war sehr gelungen und reichte in ihrer zeitlichen Ausdehnung auch völlig aus. Leider ebenfalls den Rotstift zum Opfer gefallen war die Maurische Rhapsodie im dritten Akt. Aber auch so wurde es eine lange, strahlende Nacht der spanischen Könige und des Cids.

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