Weltpremiere
am 28. Mai 2003 am Teatro Real
Isaac Albéniz (1860 - 1909)
Merlin
Szenenbild
Vorführung 4. Juni 2003 -
Obwohl Isaac Albéniz einer der bedeutendsten spanischen
Komponisten ist, hat er nie die Anerkennung gefunden, die ihm gebühren
würde. Nur wenige Werke des als Konzertpianisten bereits als
'Wunderkind' weltweit so u.a. in den Ländern Südamerikas, in Leipzig
und Brüssel zu Ruhm gelangten Spaniers sind , mit Ausnahme seiner
Piano-Werke und da vor allem der in die Musikgeschichte eingegangene
Suite Iberia, heute
bekannt. Albéniz, der von 1890 bis 1893 in London lebte und sich danach
in und in der Umgebung von Paris niederließ, wo er auch 1909 verstarb,
war schon zur Lebzeiten von dieser Nicht-zur-Kenntnisnahme seiner Person
und seines künstlerischen Schaffens in seinem Heimatland sehr enttäuscht.
Dabei hat Albéniz neben seinen Piano-Werken, zu deren berühmtesten
neben der Suite Iberia Recuerdos de viaje, Espana, Seis hojas de álbum
zählen, zahlreiche Musiktheater-Stücke verfaßt wie The Magic Opal,
San Antonio de la Florida, Henry Clifford, Pepita Jiménez und Merlin.
Ballettszene
Merlin war als Beginn einer Arthur-Trilogie
gedacht in Anlehnung an Wagners Tetralogie. Wagner, den Albéniz
bewunderte, beeinflußte dessen Werke sehr stark, was sich im fein
ausgearbeiteten, orchestralen Klang ebenso niederschlägt, wie in der
auch von Albéniz angewandten Leitmotivtechnik und der angestrebten
Einheit von Musik und Drama. Das Libretto zu Merlin wurde von dem
wohlhabenden, britischen Anwalt, Poeten und Förderer der Künste
Francis Burdett Money Coutts, der auch Albéniz finanzierte, geschrieben
und eigentlich hätte Money Coutts auch die Libretti zu den beiden
anderen Stücke der geplanten Mythen-Trilogie verfassen sollen, zu denen
es jedoch nicht mehr kam. Die Arbeit an Merlin begann Albéniz 1897, das
Werk vollendete er jedoch erst fünf Jahre später.
David Wilson-Johnson als Merlin der Weltpremiere
Es ist vor allem dem gebürtigen Madrider José de
Eusebio zu verdanken, daß den Bühnenwerken Albéniz in den letzten
Jahren größere Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Seine konzertante
Aufnahme des Merlin mit Carlos Álvarez in der Titelpartie und Plácido
Domingo als King Arthur hat mehrere Preise gewonnen, darunter einen Grammy.
Der Einspielung von Merlin im Jahr 1998 sind mittlerweile Aufnahmen von Henry
Clifford, Pepita Jiménez,
San Antonio de la Florida, The magic Opal, Poème d’amour, Lancelot
und dem orchestralen Werk von Albéniz gefolgt. Doch Eusebio unterlag
nicht nur die musikalische Leitung der Konzerte und Aufnahmen, sondern er
erstellte auch die kritische Ausgabe von Merlin, San Antonio de la Florida
und Henry Clifford.
Carol Vaness als Nivian der Weltpremiere
In der Originalsprache Englisch erlebte
Merlin in szenischer Form seine Weltpremiere am 28.Mai 2003 im Madrider
Teatro Real unter der musikalischen Leitung von José de Eusebio und in
der Produktion von John Dew. Der auf Kuba geborene, britische Regisseur
entwickelte gemeinsam mit seinem Bühnenbildner Heinz Balthes und seinem
Kostümdesigner José Manuel Vázquez eine mystische, glanzvolle Atmosphäre
mit märchenhaften Kostümen für die szenische Darstellung der König-Arthur-Merlin-Sage.
Vor allem der erste Akt erwies sich als atmosphärisch dicht und sowohl in
der musikalischen als auch in der szenischen Darstellung fesselnd und
beeindruckend. Musikalische Anlehnungen an Wagners Werk sind unüberhörbar.
In die mystische Welt hinüberführend ist bereits die wunderbar
orchestrierte und von dem Madrider Sinfonie - Orchester, das ebenfalls bei
der CD-Einspielung des Werkes mitgewirkt hatte - berührend musikalisch
umgesetzte Ouvertüre.
Szenenphoto
Etwas langatmig gestaltet sich jedoch
der zweite und dritte Akt, Hier wäre der eine oder andere Strich
sicherlich kein Fehler, denn der Spannungsbogen geht in der jetzigen
Version verloren. Auch die Zusammenhänge des inhaltlichen Verlaufs mit
den Ballettszenen sind nicht immer eindeutig erkennbar. Störend an der
durch Mei Hong Lin entworfenen und einstudierten Choreographie wirkt
sowohl an der Ballettszene im Wald als auch der tanzenden
Sarazenen-Schwestern, daß die Bewegungen häufig nicht mit der Musik
synchron gehen und zum Teil zu sehr an Aerobic - Übungen erinnern.
Szenephoto mit Eva Marton als Morgan le Fay in der Premiere und Ángel
Ódena als ihr Sohn Mordred (alle Vorstellungen)
Die Sänger
In der Rolle des Königs Arthur war am
4. Juni der amerikanische Tenor Frank Porretta zu hören, dessen Stimme
seit seinem Europa-Debut Ende Oktober 2003 im spanischen Sevilla in der
Partie von Verdis Otello nooch mehr an Strahlkraft und Glanz gewonnen hat
und dessen Höhen sicher und brillant wirkten und dessen Piani gefühlvoll
vorgetragen wurden. Von Christopher Robertsons gefälligen Bariton hätte
man sich in der Partie des Merlin etwas mehr Volumen und Durchschlagskraft
gewünscht. Voluminös und wohlströmend mit gutem Klang verkörperte der
Bariton Ángel Ódena die Partie des Mordred, dessen Mutter Morgan le Fay
mit glanzvoller, auch in den dramatischen Szenen nie scharf und forciert
wirkender Stimme durch die Sopranistin Eugenie Grunewald dargestellt
wurde.
Merlin und Morgan le Fay
Ihren höhensicheren, mit schöner
Mittellage ausgestatteten Sopran verlieh Kathleen Broderick der Figur der
Nivian. Juan Tomás Martínez überzeugte mit seinem wohltemperierten,
energiegeladenen Bariton, den man sich wünschen würde, auch in größeren
Rollen zu hören. Die einzige Partie, die auf CD und in der Madrider Vorführungsserie
mit dem selben Sänger besetzt war, war die des Gawain mit Ángel
Rodríguez.
Dem spanischen Tenor gelang zwar nicht, das Arthur vorbehaltende Schwert
Excalibur aus dem Stein zu ziehen und König zu werden, er bestand aber
seine Rolle mit Bravour.
Birgit Popp
|