Vorschau Oper
Frankfurt, Premiere 13. Januar 2013
Der
Spieler
.Frank van Aken
grandios in der Titelpartie - hier mit Barbara Zechmeister
Die erste Premiere an der Oper Frankfurt des
Jahres 2013 am 13. Januar ist zugleich eine Erstaufführung von Prokofjews
1929 in Brüssel uraufgeführter Oper Der Spieler. Für die Inszenierung
zeichnet sich Harry Kupfer verantwortlich, für die musikalische Leitung
der Frankfurter GMD Sebastian Weigle.
Sergej Prokofjew (1891-1953), eine Art Wunderkind
als Komponist und Pianist, der schon mit fünf Jahren seine erste
Komposition schrieb, früh gefördert wurde und auf seine Art Mozart kaum
nachgestanden haben dürfte, schieb Der Spieler in den Jahren 1915-17.
Durch die Februarrevolution und Intrigen der besetzten Sänger, die sich
über die Unsingbarkeit ihrer Partien beschwerten, wurde sein Werk aber
vorerst nicht aufgeführt. Während seiner zeitweisen Immigration ins
westliche Ausland, so in die USA, nach Paris und Ettal im Allgäu, und
bevor er 1933 endgültig in die Sowjetunion zurückkehrte, überarbeitete der
Komponist, der auch das Libretto nach dem gleichnamigen Roman von Fjodor
Dostojewski verfasst hatte, sein Werk 1927/28 und es kam 1929 in Brüssel
zur Uraufführung.
Szenenphoto
Der russische Schriftsteller Dostojewski (1821-1861)
hatte in seinem Roman eigene Erfahrungen als Spieler an den
Roulettetischen der Casinos in Wiesbaden, Bad Homburg und Baden-Baden
verarbeitet, wo er viel Geld verlor, so dass der fiktive Handlungsort
Roulettenburg geographisch gesehen im Rhein-Main-Gebiet liegen dürfte. In
der Oper hat ein russischer General a.D. (Clive Bayley) sein ganzes
Vermögen einschließlich der Mitgift seiner Stieftochter Polina (Barbara
Zechmeister) verspielt und sich bei einem betrügerischen Marquis (Martin
Mitterrutzner), der die doppelte Summe zurückverlangt, wie er verliehen
hat, hoch verschuldet. Der Marquis wiederum hat ein Auge auf Polina
geworfen und kommt damit dem Werben des vor Liebe halbwahnsinnigen
Hauslehrers Alexej (Frank van Aken) in die Quere, der zum Werkzeug Polinas
wird und insbesondere nach einem Gewinn immer mehr seiner
Spielleidenschaft zum Opfer fällt und dem Werk seinen Titel gab. Der
alternde General hat Heiratabsichten mit der jungen Blanche (Claudia
Mahnke), die ihn allerdings sofort verlässt, als sie begreift, dass bei
ihm nichts zu holen ist. Alle hoffen sie auf das baldige Ableben der für
schwerkrank erachteten Ebtante (Anja Silja) in Moskau, doch als diese
leibhaftig im Hotel-Casino erscheint und ihr ganzes Barvermögen verspielt,
lüften sich die Masken und aus Schein wird Sein.
Regisseur Harry Kupfer
Nach seinen Arbeiten in der Gielen-Äa, Pfitzners
Palestrina (2009) und Berlioz’ Fausts Verdammnis (2010) kehrt einer, wenn
nicht gar der berühmteste, deutsche Opernregisseur unserer Zeit an die
Oper Frankfurt zurück. Für Harry Kupfer (*1935), der bereits seit seinem
professionellem Regiedebüt 1958 220 verschiedene Musiktheater-Werke
inszeniert hat und dabei nichts von seinem Elan und seiner Begeisterung
für das Genre verloren hat, ist die Frankfurter Neuproduktion die erste
Beschäftigung mit dieser Oper, „Ich kannte das Werk nicht und tat mir, als
mir Intendant Bernd Loebe den Regieauftrag anbot, erst etwas schwer damit,
aber nachdem ich es gelesen htte, habe ich mit Freuden ja gesagt, denn das
Stück ist ein Stoff, der zeitlos ist und von Prokofjew gegenüber dem 1866
erschienen Roman noch zeitgenössischer musikalisch adaptiert wurde.“ An
dem Stoff interessiert Kupfer besonders, „Dass sich Menschen nicht nur um
Kopf und Kragen spielen, sondern am Ende um ihr Leben spielen. Prokofjew
hat dafür die richtige Musiksprache gefunden.“ Eine Musik, die sich in
ihrem deklamatorischen Stil dem gesprochenen Wort und den weitgehend aus
dem Roman direkt ins Libretto übernommenen Dialogen anpasst und
insbesondere in der Spielszene im vierten Akt den Zuhörer in einen
leidenschaftlichen Sog hineinzieht.
v.l.n.r. Dietrich Volle (Potapitsch),
Anja Silja (Großmutter, sitzend), Barbara Zechmeister (Polina), Claudia
Mahnke (Blanche), Clive Bayley (General a.D.)
Der Wunsch, die Oper in Deutsch und nicht in
Russisch aufzuführen, kam in Absprache mit Sebastian Weigle von Harry
Kupfer, „Das Stück wurde bereits in Französisch uraufgeführt, um gespielt
und verstanden zu werden. Bei soviel Dialog ist es für mich wichtig, dass
man den Text versteht, ohne dass man gezwungen wird, ständig auf die
Übertitel zu scheuen und nicht auf die Bühne. Trotzdem wird es mit
Übertiteln gespielt, da es nicht möglich sit, jedes Wort zu verstehen.“
Das Libretto vermittelt jedoch durchaus den Eindruck, dass Alexej
vor allem zum Spiel verführt wird und die Motivation zum Glückspiel für
ihn weniger im Spiel selbst liegt. Für den Regisseur trifft beides zu, „Er
ist eine Spielernatur. In der Oper ist es noch etwas anders als im Roman.
In seiner fanatischen, ja fast hysterischen Liebesbeziehung zu Polina
spielt er sogar mit seinem Leben, während sie ihn verachtet und ausbeutet.
Die Menschen in diesem Stück stehen vor gescheiterten, sinnlosen
Existenzen und spielen um ihr Leben und nicht nu um ihr Geld. Wir haben
das Stück deshalb im Revolutionsjahr 1917 angesiedelt, in dem viele
Menschen in den revolutionären Wirren aus Russland immigriert sind. Ihre
Bindungs- und Beziehungslosigkeit, ihr sinnloses Leben in der Ferne mit
ungewissem Schicksal sehen wir hier. Alle, außer der Erbtante, befinden
sich nahe am Wahnsinn. Alexej ist so wahnsinnig verliebt, dass er zum
Hysteriker wird. Er lässt sich erniedrigen und selbst dort, wo er mit
seinen Äußerungen recht hat, verliert er durch sein Verhalten an Kredit
und an Persönlichkeit.“
Für Harry Kupfer zeigt die Oper die negative Seite
von Entwicklungen, von entwurzelten Menschen, „Sie sehen nicht, was
vielleicht auch noch möglich wäre, was viele andere Menschen getan haben,
um auch in der Ferne zu einem sinnvollen Leben zu kommen. Alle Menschen
bis auf die Erbtante sind unehrlich und mehr Schein als Sein und versäumen
dabei ihr eigentliches, wirkliches Leben. Das trifft auch auf Alexej zu.
Er ist eine Person mit vielen Facetten und hat zwar im ersten Akt das
Spießbürgertum verhöhnt, letztendlich ist er selbst aber auch verlogen. Er
gibt sich zwar den Anschein, dass er über eine gewisse Art von Humanität
verfügt, letztendlich findet er aber auch zu keiner wirklichen Identität.“
Eine ganz schlechte Meinung besitzt Kupfer über Polina, „Sie ist eine
bösartige Figur, die nur mit den Menschen spielt. Sie rettet sich am
Schluss, aber vorher hetzt sie noch Alexej mit dem Brief auf. Der Marquis
hat sie sitzen lassen und ihr die verpfändete Mitgift erlassen. Sie
braucht das Geld also gar nicht. Was zwischen ihr und Alexej abläuft, ist
nichts anderes als ein erbitterter Geschlechterkampf. Polina ist absolut
frigide. Sie liebt nicht wirklich und ist an Alexej gar nicht
interessiert. Für sie ist er nur ein Spielball. Sie treibt dieses böse
Spiel mit Alexej weiter und, obwohl sie das Geld gar nicht braucht, nutzt
sie seine Spielsucht, um ihn ganz zu vernichten und treibt ihn durch ihr
Verhalten an, am Ende alles wieder zu verspielen.“ Welches Ende die Oper
in der Frankfurter Inszenierung genau nehmen wird, soll bis zur Premiere
aber noch geheim bleiben.
Szenenphoto
Text: Birgit Popp,
Photos © Oper Frankfurt -
Monika Rittershaus
Der Artikel wurde in Auszügen in der
Frankfurter Neue Presse (
www.fnp.de ) veröffentlicht.
Weitere Informationen, Termine,
Photos und Video:
www.oper-frankfurt.de
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