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Vorschau Oper Frankfurt,  Premiere 17. März 2013

 Idomeneo


.l.n.r. Juanita Lascarro (Ilia), Martin Mitterrutzner (Idamante),
Roberto Saccà (Idomeneo), lza van den Heever (Elektra

Am 17. März 2013 kommt Mozarts Idomeneo unter dem Dirigat von Julia Jones und in der Regie von Jan Philipp Gloger auf die Bühne der Oper Frankfurt. Die Titelpartie verkörpert der deutsch-italienische Tenor Roberto Saccà. mehr

 
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Für viele gilt Mozarts 1781 am Münchner Hof uraufgeführtes Werk Idemeneo als seine beste, aber auch seine ‚wildeste’ Oper. Mit Sicherheit ist sie in vielerlei Hinsicht eine Oper des Übergangs: für Mozart (1756-91) war es die letzte Oper seiner Wanderjahre, bevor er sich in Wien niederließ; es war sowohl auf die Operngattung – die italienische Opera seria neigte sich ihrem Ende zu – als auch auf die allgemeinen gesellschaftlichen und politischen Umstände bezogen eine Zeit des Umbruchs. In Idomeneo verband Mozart die Elemente der französischen tragedie lyrique, wie den mythischen Stoff und die Stringenz der dramatischen Handlung der französischen Musiktragödie, mit denen der italienischen Opera seria, wie die Affekte und Bravour-Arien.

 
Idomeneo (Roberto Saccà) im Kampf mit Neptuno (Olaf Reinecke)

Aus dem trojanischen Krieg kommend gerät Idomeneo, der König von Kreta, auf f der Heimfahrt von Troja nach Kreta in einem Seesturm und schwört dem Meeresgott Neptun, sollte er jemals Kreta erreichen, den ersten Menschen zu opfern, dem er dort begegnet. Er landet sicher, trifft aber als erstes auf seinen Sohn Idamante (Martin Mitterrutzner), der über die Abneigung seines geliebten Vaters ihm gegenüber äußerst betrübt ist. Als er den Grund für die Ablehnung seines Vaters, der ihn gerne aus dem Land bringen würde, erfährt, ist er bereit zu sterben. Am Ende fordert das Orakel jedoch Idomeneo auf, den Thron an Idamante abzutreten, der wiederum Ilia (Juanita Lascarro), eine kriegsgefangene, trojanische Prinzessin zur Gemahlin nehmen soll. Elektra (Elza van den Heever), die Tochter Agamemnons, ist ihrerseits in Idamante verliebt und erhält mehrfach die Gelegenheit zu effektvollen  Racheausbrüchen.

 
Szenenphoto

Roberto Saccà, der als Sohn eines italienischen Vaters und einer deutschen Mutter in Nordrhein-Westfalen geboren wurde, in Stuttgart aufwuchs und heute in der Schweiz lebt, hat den Gesang sozusagen in die Wiege gelegt bekommen, wenngleich keiner seiner beiden Eltern berufliche Sänger waren, „Meine Mutter hat von Anfang an meine gesangliche Ausbildung gesteuert. Vor dem Stimmbruch war ich schon im Knabenchor und war bis zu meinem zwölften Lebensjahr ziemlich mit Gesang beschäftigt, vor allem Bach-Musik. Mit 17 habe ich wieder begonnen zu singen, aber auch Instrumente zu spielen. Mein Interesse für Oper ist durch meine Musiklehrerin geweckt worden.. Als besonders begabter Schüler bin ich noch vor dem Abitur an der Musikhochschule in Stuttgart aufgenommen worden. Als erstes habe ich mit italienischen Canzoni und dem italienischen und deutschem Lied-Repertoire begonnen, so u.a. mit den Schubert-Liedern. Der entscheidende Moment kam nach vier Jahren, als ich von Stuttgart nach Karlsruhe in die Opernschule zu Renate Ackermann wechselte, einer Regisseurin, die die Opernschule leitete. Dort habe ich mit dem Tenor Aldo Baldin drei Jahre lang gearbeitet. In den insgesamt sieben Jahren meines Studiums hat die Stimme mit Ruhe reifen können. Mein erstes Festengagement war 1987/88 für ein Jahr in Würzburg, danach bin ich für sechs Jahre nach Wiesbaden gegangen, wo damals Claus Leininger Intendant und Ulf Schirmer GMD war. In Wiesbaden habe ich vor allem Mozart gesungen und hatte dort die Gelegenheit, einige der wichtigen Mozart-Partien zu singen und mit hervorragenden Sängern zu arbeiten.“

 
v.l.n.r. Elza van den Heever (Elektra), Juanita Lascarro (Ilia), Martin Mitterrutzner (Idamante)

Bereits in Wiesbaden kamen mit dem David, dem Schustergesellen von Hans Sachs in den Meistersingern, die ersten Kontakte zum Wagner-Repertoire und zum heutigen Frankfurter Intendanten Bernd Loebe, der zu dieser Zeit Operndirektor in Brüssel war, „Bernd Loebe hat mich nach Brüssel geholt und dort habe ich Partien wie den David in den Meistersingern oder den Rinuccio in Gianni Schicchi mit José van Dam und Antonio Pappano als Dirigenten gesungen.“ Bereits während seiner Zeit in Wiesbaden hat Roberto Saccà an der Oper Frankfurt als Nemorino in L’elisir d’amore debütiert. „Seitdem Bernd Loebe Intendant in Frankfurt ist, gab es immer wieder Gespräche, hier zu singen, aber mit Idomeneo hat es zum ersten Mal mit meinen anderen Verpflichtungen gepasst.“

 
Neptuno (Olaf Reinicke)

Saccàs internationaler Durchbruch kam 1995 an der Seite von Cecilia Bartoli bei den Wiener Festwochen mit Haydns Orfeo ed Euridice (L’anima del filosofo). Zu dieser Zeit war der Tenor Mitglied am Züricher Opernhaus (1993 – 2002), wo er auch heute noch häufig neue Rollen ausprobiert. „In Zürich begann meine Nach-Mozart-Phase. Es war die Idee von Alexander Pereira, den Schritt zu einem erweiterten Repertoire mit Wagner und Strauss zu wagen und zu sehen, ob meine Stimme das aushalten kann. Dort habe ich Partien wie den Bacchus in Strauss’ Adriadne auf Naxos oder den Kaiser in seiner Die Frau ohne Schatten gesungen oder die Titelpartie in Palestrina und den Florestan in Fidelio. Für mich kam dieser Schritt genau im richtigen Alter. Es hat funktioniert und wir haben damit eine Weiche gestellt.“ Von einem direkten Fachwechsel möchte Roberto Saccà allerdings nicht sprechen, „Es ist für mich vor allem eine natürliche Weiterentwicklung der Stimme.“ Sie hat ihn bisher u.a. zu Verdi-Partien wie den Duca im Rigoletto, Alfredo in La traviata oder zur Titelpartie von Don Carlos geführt, aber auch zu einer seiner derzeitigen Lieblingspartien, dem Don José in Bizet Carmen oder zur Titelpartie in Brittens Peter Grimes.

Seinen ersten Idomeneo, der mit seiner dramatischen stimmlichen Anforderungen nicht vergleichbar ist mit den Tenor-Partien, die allgemein hin als typische Mozart-Partien betrachtet werden, hat Roberto Saccà bereits 2006 in Barcelona unter der musikalischen Leitung des heutigen Frankfurter GDM Sebastian Weigle gesungen, „Seitdem hat sich die Partie gesetzt. Damals war sie vom ganzen Typus vielleicht noch etwas früh. Ich fühle mich heute von den Gestaltungsmöglichkeiten, den eigenen Erfahrungen als auch dem erweiterten Tenorfach bereiter dafür, eine Vaterfigur wie Idomeneo darzustellen. Es ist heute einfach stimmiger.“

Dass er in Frankfurt mit Julia Jones, die u.a. dort bereits die musikalische Leitung der Premiere von Le nozze di Figaro innehatte und zu einer der gefragtesten Interpretinnen des Mozart-Fachs zählt, auf eine ihm vertraute und sehr geschätzte Dirigentin trifft, kommt ihm dabei sehr entgegen, „Julia Jones kenne ich sehr gut. Wir haben schon an der Wiener Staatsoper Così fan tutte und Die Zauberflöte gemeinsam gemacht, außerdem Die Entführung aus dem Serail in Lissabon. Idomeneo ist aber unsere erste gemeinsame Neuproduktion. Sie ist in vielen Dingen sehr lebendig und innovativ, auch, was die Behandlung der Rezitative angeht. Sie besitzt den Mut, gewisse Schemen aufzubrechen, das Korsett zu sprengen und damit die Worte der Rezitative deutlicher zu machen und die  Wertigkeiten zu verschieben, dabei wird von ihr die Belcanto -Linie auch in den Rezitativen immer hervorgehoben und unterstützt.“

Die existentiellen menschlichen Probleme und Konflikte in der griechischen Mythologie, in der Geschichte und Sage ineinander verschmelzen, sind für Roberto Saccà Jahrtausende später noch aktuell, „Die Problematiken und Gefühle lassen sich auch auf die heutige Welt übertragen. Ich sehe Idomeneo als eine Art Spitzenpolitiker einer großen Macht, der an der Macht klebt, obwohl er sie eigentlich abgeben müsste, da er bereits Abnutzungserschienungen aufweist und ein Kriegstraumata verarbeiten muss. Es bestehen unsichere politische Verhältnisse, in denen Flüchtlinge und ehemalige Kriegsgefangene in das eigene Volk integriert werden müssen. Es stellt sich die Frage, wie ein Mächtiger mit seiner Macht umgeht, wie er sich mit ihr auseinandersetzt, seine Unsicherheiten, sein Jähzorn. So sehe ich die Koloraturen nicht nur als Bravourstück, sondern als eine Aneinanderreihung von emotionaler Verzweiflung, die sich in der Stimme zum Ausdruck bringt. Da ist die Machtabgabe an den Sohn, einerseits geliebt, aber andererseits auch ein Rivale, nicht nur um die Macht, sondern auch um die Liebe der gefangenen trojanischen Prinzessin Ilia, für die ich auch Gefühle hege, was im Rezitativ zum Ausdruck kommt. Es ist also auch Eifersucht mit im Spiel. Ich denke, das ist nicht soweit von der Realität entfernt. Dass man im Laufe seines Lebenswegs etwas opfert, das einem nahe steht, wie sein eigens Kind, wobei man das Töten auch im übertragenen Sinn sehen kann, kommt immer wieder vor. Oder auch eine Situation, in der man auf etwas selbstlos verzichten muss, wie in diesem Fall auf die Macht und auf Ilia.“

Für eine Wiener Aufführung hatte Mozart 1786 Änderungen vorgenommen, einige Arien gestrichen und die Partie des Idamante für einen Tenor (statt eines Kastraten bzw. heute Mezzosoprans) umgeschrieben. In Frankfurt wird eine Mischung aus beiden Fassungen gespielt, dass die Partie seines Sohnes mit einem Tenor besetzt ist, sieht Roberte Saccà sehr positiv, „Ich finde es toll, mit dem Kollegen Mitterrutzner, einem jungen, aufstrebenden Tenor, auf der Bühne zu stehen, das ist für die ganze Rolle sehr bereichernd und viel schlüssiger als mit einem Mezzo. Die Stimmen mischen sich sehr gut und man wird durch die Konstellation im Spiel zusätzlich animiert. Ich habe Idamante selbst in einem Konzert gesungen und kann mich sehr gut in diese Partie hineinversetzen.“

Weitere Highlights für die nahe Zukunft werden für Roberto Saccà im Sommer 2013 in Amsterdam und bei den Salzburger Festspielen der Stolzing in Wagners Meistersinger sein, für die Saison 2013/14 steht sein Rollendebüt als Lohengrin in Düsseldorf und sein Haus- und Rollendebüt als Matteo in Strauss’ Arabella an der New Yorker MET auf dem Programm, außerdem ist seine Rückkehr an die Covent Garden Opera in London als Bacchus in Ariadne auf Naxos geplant.

Text: Birgit Popp, Photos  ©  Oper Frankfurt - Barbara Aummüller

Der Artikel wurde in Auszügen in der Frankfurter Neue Presse ( www.fnp.de ) veröffentlicht.

Weitere Informationen, Termine, Photos und Video: www.oper-frankfurt.de

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