Vorschau Oper
Frankfurt, Premiere 12. Mai 2013
La
fanciulla del West
Das Mädchen aus dem Goldenen Westen
Eva-Maria Westbroek (Minnie),
Carlo Ventre (Ramerrez)
Giacomo Puccinis La fanciulla del West (Das Mädchen
aus dem Goldenen Westen) hat am 12. Mai 2013 an der Oper Frankfurt unter
der musikalischen Leitung von GMD Sebastian Weigle und in der Regie von
Christof Loy Premiere. Für den italienischen Komponisten Giacomo Puccini
(1858-1924), dessen zwölf Opern mit Ausnahme von Edgar zum ständigen
Repertoire aller großen Opernhäuser der Welt zählen, brachte La
fanciulla del West, die 1910 an der New Yorker MET uraufgeführt wurde,
einen triumphalen Erfolg in Amerika. In Europa ist die Oper, die außer
Gianni Schicchi als einzige ihres Komponisten glücklich endet, eher selten
auf den Spielplänen zu finden. Dort sehe man sich lieber die Western als
Kinofilm denn als Oper an, wurde so manches Mal ironisch angemerkt und so
dauerte es auch in Frankfurt 55 Jahre bis diese Oper wieder in einer
szenischen Aufführung auf die Bühne kommt. Dass Richard Jones sein
Engagement als Regisseur nur gut ein Jahr vor Probenbeginn absagte, mag
sogar ein Glücksfall gewesen sein, denn der Frankfurter Opernintendant
Bernd Loebe griff auf die viel gepriesene Stockholmer Inszenierung von
Christof Loy aus dem Jahr 2011 zurück, die Oper und Westernfilm in gerade
zu perfekter Weise vereint und die Atmosphäre eines kalifornischen
Goldgräbercamps zu Zeiten des Goldrauschs 1848/49 aufleben lässt.
Szenenbild
Ideal auch die Besetzung mit Eva-Maria Westbroek in
der Titelpartie der allseits beliebten und begehrten, warmherzigen,
bibeltreuen Saloonbesitzerin Minnie, der alle Männer im Camp zu Füßen
liegen, dem uruguayischen Tenor Carlo Ventre als dem Mann ihres Herzens,
der sich als Dick Johnson ausgibt, in Wahrheit aber der gesuchte Bandit
Ramerrez ist, und dem britischen Bariton Ashley Holland, der dem
Frankfurter Publikum bereits aus zahlreichen Rollen bekannt ist, als sein
eifersüchtiger Widersacher Sheriff Jack Rance, der schnell das doppelte
Spiel von Ramerrez durchschaut. Für den in Italien lebenden Carlo Ventre,
der in Frankfurt bereits seine Rollendebüts in den Tenor-Hauptpartien der
Neuproduktionen von Le Villi, L’oracolo und Otello gab, wird der Ramerrez
ebenfalls ein Rollendebüt sein – eine Rolle, die ihm musikalisch wie in
der Figur des unfreiwillig zum Outlaw gewordenen Banditen bestens liegt,
„Es ist eine wunderschöne Partie, in der ich so viel Emotionen hineinlegen
kann.“
Eine Einschätzung, die auch Eva-Maria Westbroek
teilt, die die Partie schon mehrfach interpretiert hat „Für mich ist
Minnie meine Lieblingsrolle! Ich finde die Musik unglaublich schön. Sie
trifft mich emotional ganz tief – aber nicht nur die Musik, sondern auch
die Person.“ Sie gerät ins Schwärmen, „Die Persönlichkeit von Minnie ist
so toll. Ich kann mich n sie sehr gut hineinfühlen. Sie ist hervorragend
psychologisch dargestellt. Ich denke, jede Frau kann sich in dieser Person
wiedererkennen. Sie ist einerseits eine total verunsicherte, aber auch
eine sehr starke Frau, die für ihre Liebe kämpft. Man kann sich sehr gut
vorstellen, wie sie sich fühlt. Ihre Persönlichkeit ist sehr nahe an
meiner eigenen und an der von vielen Frauen, die ich kenne.“
Ashley Holland
(Jack Rance), Eva-Maria Westbroek (Minnie),
Carlo Ventre (Mitte,Dick Johnson alias Ramerrez)
Für Eva-Maria Westbroek ist die Geschichte, die
romantischste, die es in der Oper gibt, „Ich finde es eine wunderschöne
Geschichte von dem Festhalten an einer großen Liebe, von Vergebung und
Verzeihung und der Möglichkeit im Leben, eine zweite Chance zu erhalten
und wieder neu anfangen zu können. Ein Thema, das sehr zeitlos und aktuell
ist, ebenso wie die Darstellung von Einsamkeit, Heimweh, die Suche nach
Glück und Reichtum seitens der Goldgräber.“ Auch gesanglich hat die Partie
der Minnie viel für sie zu bieten, „Sie verlangt ein breites vokales
Spektrum von dramatischen wie lyrischen, von hohen wie tiefen Tönen.“ Die
Produktion verlangte aber auch Fähigkeiten, die normalerweise von einer
Opernsängerin nicht eingefordert werden, „Für die Filmsequenz am Anfang
musste ich aufs Pferd steigen. Ich hatte erst zweimal zuvor in meinem
Leben auf einem Pferd gesessen, aber ich würde gerne Reiten lernen. Die
Szene wurde auf einem Reiterhof in Stockholm gedreht und man hat mich den
ganzen Tag nicht mehr vom Pferd herunterbekommen. Mir hat es soviel Spaß
gemacht. Ich sollte glücklich aussehen, aber ich habe so gestrahlt, dass
man mir am Ende sagte, etwas weniger glücklich, wäre genug!“
v.l.n.r. Ashley
Holland (Jack Rance), Eva-Maria Westbroek (Minnie),
Carlo Ventre (Dick Johnson alias Ramerrez)
Glücklich war Eva-Maria Westbroek auch als sie
gemeinsam mit ihrem Ehemann Frank van Aken Sieglinde und Siegmund in der
Walküre der Premierenserie des Frankfurter Rings singen durfte, „Wir
hatten eine sehr schöne Probenzeit und die Inszenierung in Frankfurt war
fantastisch, aber mit dem Partner gemeinsam auf der Bühne zu stehen, kann
auch größeren Stress bedeuten. So z.B. als Frank an der MET als Siegmund
eingesprungen ist und vorher keine Proben hatte. Das war sehr aufregend,
schon etwas zu aufregend und stressig, da zittert man natürlich besonders,
dass alles gut geht.“
Gemeinsam zu arbeiten, sind beide Sänger allerdings
schon von ihrer Studienzeit am Den Haager Konservatorium an gewöhnt. Zum
Ende ihres Studiums sang Eva-Maria Westbroek bereits 1995 mit gerade mal
25 Jahren in Rom die Titelpartie in Puccinis Tosca, an ihrer Seite
Frank van Aken als Cavaradossi. Doch schon als junge Sängerin eine
dramatische Stimme zu besitzen, war der Karriere anfangs nicht förderlich,
„Meine Stimme war immer so groß, das ist bei mir ganz natürlich, aber für
viele Menschen geht das nicht bei einer so junge Sängerin. Sie erwarten
von einer jungen Sängerin Mozartpartien oder die Agathe zu singen, aber
für mich war das die Hölle.“ Zum Glück hat sie die Jahre mit wenig
Rollenangeboten durchgehalten. Zu den ersten Highlights zählten die
Elisabeth in Verdis Don Carlos und die Chrysothemis in Strauss’
Elektra an der Komischen Oper Berlin. Während ihres Festengagements in
Stuttgart von 2001 bis 2006, wo sie mit dem Titel der Kammersängerin
geehrt wurde, konnte sie viele Rollen erarbeiten wie Desdemona in
Otello, Donna Anna in Don Giovanni, die Carlotta in Die
Gezeichneten oder die Marie in Die verkaufte Braut. „Das Fach
ist zwar immer jugendlich-dramatischer Spinto, aber mein Repertoire in
Stuttgart war sehr breit gefächert, was verschiedene Komponisten, Sprachen
und Stile betrifft, darauf kann ich auch heute noch zurückgreifen.“
Der internationale Durchbruch kam für Eva-Maria
Westbroek, deren Talent zur Opernsängerin bereits im Teenageralter von
ihrer privaten Musiklehrerin entdeckt wurde, vor knapp zehn Jahren, „Ich
war bei den Salzburger Festspielen Cover als Cassandra in Les Troyens,
als mich Gerard Mortier in einer Orchesterprobe gehört hat. Er holte mich
anschließend nach Paris an die Bastille und hat mich auch an andere Häuser
weiterempfohlen, so konnte ich in Amsterdam auch die Lady Macbeth von
Mzensk singen und mit Simon Rattle meine erste Sieglinde 2007 in Aix
en Provence.“ 2008 debütierte sie ebenfalls als Sieglinde bei den
Bayreuther Festspielen und 2011 an der New Yorker MET, wo sie im März 2013
auch die Titelpartie in Francesca da Rimini mit großem Erfolg
gegeben hat. Im November 2013 steht für die Sängerin mit Isolde in Wagners
Tristan und Isolde an der Dresdner Semperoper ein weiteres
Rollendebüt an – dann wieder mit Lieblingspartner Frank van Aken als
Tristan an ihrer Seite.
Text: Birgit Popp,
Photos © Oper Frankfurt -
Monika Rittershaus
Der Artikel wurde in Auszügen in der
Frankfurter Neue Presse (
www.fnp.de ) veröffentlicht.
Weitere Informationen, Termine,
Photos und Video:
www.oper-frankfurt.de
Top |