Vorschau Oper
Frankfurt, Premiere 16. Juni 2013
Die
sizilianische Vesper
v.l.n.r. Alfred Kim
(Henri, ein junger Sizilianer), Elza van den Heever
(Herzogin Hélène), Raymond Aceto (Jean Procida,
Arzt aus Sizilien)
Die letzte Neuinszenierung im Großen Haus der
Spielzeit 2012/13 steht noch einmal ganz im Zeichen des Jubilars Giuseppe
Verdi (1813-1901) , dessen 1855 uraufgeführte Oper Die sizilianische
Vesper (Les vêpres siciliennes) erstmals ab dem 16. Juni in der
französischen Originalfassung an der Oper Frankfurt gegeben wird. Die
musikalische Leitung obliegt mit seinem Hausdebüt dem spanischen
Dirigenten Paoblo Heras Casado, die Inszenierung dem deutschen Regisseur
Jens-Daniel Herzog. Für die Interpretin der weiblichen Hauptpartie Elza
van den Heever wird es zugleich ihr Abschied aus dem Frankfurter Ensemble
sein, als Gastsängerin wird die Sopranistin jedoch in die Stadt am Main
zurückkehren.
In der sizilianischen Vesper verkörpert Elza van den
Heever Herzogin Hélène, die Schwester des vom französischen
Besatzungs-Gouveneurs Montfort (Quinn Kelsey) ermordeten eigentlich
Herrschers Siziliens, dem Herzog von Österreich. Hélène liebt den
Sizilianer Henri (Alfred Kim), dessen Herkunft im Dunklen liegt, der aber
von dem getöteten Herzog in seine Familie aufgenommen wurde, sich im Laufe
der Oper als der uneheliche Sohn Montforts mit einer Sizilianerin
herausstellt und in den Konflikt gerät zwischen seiner Liebe zum Vater und
Vaterlandsliebe, wie Hélène ebenfalls zwischen Liebe, Patriotismus und
Rachegefühlen zerrissen ist. Montfort, in der Liebe zu seine Sohn
entbrannt, erweist sich plötzlich als gütiger Herrscher, der selbst einen
Mordanschlag auf sich verzeiht, doch der sizilianische Arzt und Rebell
Procida (Raymond Aceto) durchkreuzt alle Versöhnungsabsichten zwischen
Franzosen und Sizilianer mit tödlichem Eifer.
Alfred Kim und Elza van den Heever
Elza van den Heever hat bereits zahlreiche große und
herausfordernde Partien wie Desdemona und Elisabetta in Verdis Otello bzw.
Don Carlos oder Elsa von Brabant in Wagners Lohengrin in Frankfurt
interpretiert und in dieser Saison ihre Rollendebüts als Elisabetta in
Maria Stuarda, eine Partie it der sie kurze Zeit später an der MET
debütierte, und Elektra in Mozarts Idemeneo gegeben.
Die in Johannesburg geborene Sängerin stammt aus
einer sehr kreativen Familie. Schon von Kindheit an sang sie in
Schulchören, bis jemand, der ihr Chorsolo gehört hatte, ihre Mutter
ermutigte, ihre 16jährige Tochter Gesangsstunden nehmen zu lassen.
Eigentlich hatte sie Köchin werden wollen - ihre Leidenschaft fürs Kochen
hat sie sich bis heute erhalten -, ein Beruf, der einer ihrer Brüder
ausübt. Ihre beiden Drillings-Brüder sind ebenfalls Künstler, als
Graphikdesigner und Photograph der eine, als Kohlezeichner der andere.
Ihre stimmliche Entwicklung war so positiv, dass sie mit 18 Jahren nach
San Francisco ans Konservatorium ging, wo sie 2005 abschloss. „Nach San
Francisco zu gehen, war sicherlich die beste Entscheidung meines Lebens.
Das dortige Konservatorium ist nicht so groß, wie die der Großstädte an
der Ostküste. Ich konnte mir dort die Zeit nehmen, mich zu entwickeln und
mich selbst zu finden.“
Elza van den
Heever (Herzogin Hélène), im Hintergrund v.l.n.r.
Alfred Kim (Henri), Quinn Kelsey (Guy de Montfort)
Entdeckt für Frankfurt hatte sie Intendant Bernd
Loebe in San Francisco und nach ihrem sensationellen Debüt als Giorgetta
an der Seite von Zeljko Lucic und Carlo Ventre 2007 in Frankfurt wurde sie
Ensemblemitglied der Oper Frankfurt, wo sie wie schon zuvor in den USA ein
breites Spektrum an Rollen verschiedenster Komponisten abdeckte bis hin
zur zeitgenössischer Oper, darunter auch Mozart-Partien wie Donna Anna in
Don Giovanni und Vitellia in La clemenza di Tito. „Meine Stimme ist sehr
flexibel und anpassungsfähig und ich singe eine große Bandbreite an
Repertoire.“ Zu ihrem absoluten Lieblingskomponisten avanciert derzeit
allerdings Verdi, „Ich liebe Verdi über alle anderen Komponisten. Er war
der Meister im Schreiben und Verstehen der weiblichen Stimme und ich halte
seine Musik für unglaublich leidenschaftlich und schön. Ich würde lieber
Verdi als irgendeinen anderen Komponisten für den Rest meines Lebens
singen. Meine Verdi-Rollen sind meine Lieblingsrollen geworden.“
Obwohl Elza van den Heever heute im französischen
Bordeaux lebt, war sie nicht von Anfang an begeistert, die französische
Originalversion zu singen, das hat sich aber schnell geändert, „Ich bin
alles andere als fließend im Französischen und ich mochte die Idee gar
nicht. Aber ich muss gestehen, nachdem ich die Partie in Französisch
gelernt habe und sie jetzt in den Proben singe, bin ich so dankbar, dass
sich Bernd Loebe für die französische Originalversion entschieden hat. Ich
singe nicht viel in Französisch und Französisch ist keine einfache Sprache
auszusprechen, besonders nicht beim Singen. In Französisch zu singen ist
sehr verschieden von Französisch zu sprechen. Was ich wirklich an der
Erarbeitung dieser Partie schätze, ist, dass ich mich nicht mehr länger
davor fürchte, in Französisch zu singen. Der Unterschied in der
italienischen und der französischen Fassung liegt vor allem im Rhythmus.
Die Betonung und Phrasierung der Worte ist in beiden Sprachen sehr
unterschiedlich.“
Den Konflikt zwischen Liebe und Patriotismus, in
dem Hélène und Henri stecken, kann Elza van den Heever bis zu einem
gewissen Grad nachvollziehen, „Es ist eine schwierige Frage, aber ich habe
das Gefühl, als könnte ich die Fähigkeit besitzen, sie zu verstehen,
allein schon aus der bloßen Tatsache heraus, dass ich in Südafrika
aufgewachsen bin, mehr als ein Jahrzehnt in den USA verbracht habe und nun
in Europa lebe. Ich habe den großen Wandel zum Ende der Apartheid und die
Wahl von Nelson Mandela zum Präsidenten 1994 mitbekommen, ich lebte in den
USA während der Ereignisse des 11. Septembers und dem Krieg der folgte.
Ich kann definitive verstehen, was Hass, Stolz und Mitleid alles zur
gleichen Zeit ist.“ Mit der Figur der Hélène kann sie sich dennoch nicht
mit vollem Herzen identifizieren, aber, “Leider bin ich mehr eine
‚Nachläuferin’ als eine Führernatur, dennoch kann ich mich mit ihrer
Stärke und ihrem Herzen identifizieren. Sie ist von makelloser Gesinnung
und sie leidet sehr, dass sie einerseits ihren ermordeten Bruder verloren
hat, dafür zu kämpfen, woran sie glaubt, und zugleich ihrem Herzen
nachzugeben. Sie wird manipuliert und in so viele verschiedene Situationen
hineingezogen, was es schwierig macht, die Rolle von der emotionalen Seite
her zu interpretieren. Die Handlung der Oper bewegt sich sehr schnell und
die zentralen Veränderungen in ihrem Denken und Fühlen vollziehen sich
sehr schnell und das ist manchmal schwer zu vermitteln. Ich glaube,
musikalisch versuchte Verdi diese innere Kämpfe wiederzuspiegeln. Die
Partie erstreckt sich über zweieinhalb Oktaven und geht oft und sehr
schnell hoch und runter. Das ist technisch eine große Herausforderung. Ich
wage zu sagen, technisch ist es die schwierigste Rolle, die ich je
gesungen habe, aber ich liebe die Rolle absolut!“
Aber auch nach Hélène kommen in naher Zukunft einige
Rollendebüts auf Elza van der Heever zu, auf die sie sich schon jetzt sehr
freut, „Dazu zählen Ellen Orford in Peter Grimes, eine szenische Anna
Bolena, Suor Angelica, Norma und die Kaiserin in Die Frau ohne Schatten.
Aber ich freue mich auch sehr darauf, alle meine Verdi- und Mozart-Partien
wieder zu singen. Ich bin damit gesegnet, dass ich alle Rollen, die ich
singen wollte, entweder schon gesungen habe oder bald singen werde - mit
einer Ausnahme: Mimi in La bohème, die werde ich wohl nie singen.“
Text: Birgit Popp,
Photos © Oper Frankfurt -
Thilo Beu
Der Artikel wurde in Auszügen in der
Frankfurter Neue Presse (
www.fnp.de ) veröffentlicht.
Weitere Informationen, Termine,
Photos und Video:
www.oper-frankfurt.de
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