Salzburger Festspiele,
29. August 2013, konzertante Premiere
Nabucco
Zeljko Lucic und Riccardo Muti
Fulminantes Feuerwerk an
Orchesterklang und Stimmenglanz
Die euphorische Stimmung im Publikum der
vorangegangenen konzertanten Opern-Aufführungen dieses Salzburger
Festspielsommers – so bei Giovanna d’Arco oder Rienzi - trug von der
Ouvertüre an auch die Premiere von Verdis Nabucco, der letzten
Opern-Produktion dieses Salzurger Sommers. Riccardo
Muti am Pult trieb ‚sein’ Orchester und Chor des Teatro dell'Opera di Roma
und das von ihm exzellent zusammengestellte Sängerensemble zu
Höchstleistungen, überwältigender Klangfülle und musikalischem Hochgenuss
an. Was wirklich der ‚Originalklang’ Verdis war, lässt sich heute nicht
mehr mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, aber mit der emotionalen
Kraft, die sich in dieser sensationellen Aufführung entlud, wird die
Popularität, die der ‚junge’ Verdi mit dieser 1842 an der Mailänder Scala
uraufgeführten Oper auch unabhängig vom dem Einigungswunsch des
italienischen Volkes eine Stimme verleihenden ‚Va pensiero’ des
Gefangenenchors allzu verständlich und nachvollziehbar.
Simge Büyükedes (Anna),
Dmitry Belosselskiy (Zaccaria), Francesco Meli (Ismaele),
Anna Pirozzi (Abigaille),
Saverio Fiore (Abdallo), Riccardo Muti (Musikalischer Leiter), Luca
Dall'Amico (Il Gran Sacerdote), Sonia Ganassi (Fenena),
Željko
Lučić (Nabucco), Orchestra e Coro del Teatro dell'Opera di Roma
Auf dem je nach Situation vom schwebenden Piano bis
zum durchschlagenden Forte von Chor (Roberto Gabbiani) und Orchester
gewebten Klangteppich agierte ein Sängerensemble vom Feinsten, allen voran
der serbische Bariton Željko Lučić in der Titelpartie des babylonischen
Herrschers und die am 29. August für die erkrankte Tatiana Serjan
kurzfristig nach der Generalprobe eingesprungene Sopranistin Anna Pirozzi
als seine unstandesgemäße Tochter und machthungrige Gegenspielerin
Abigaille. Die 1975 in Neapel geborene Italienerin nutzte die Gunst der
Stunde und überzeugte mitvoluminösen, dramatisch, aber nie scharfen Höhen
und einer bruchlosen, ausdrucksvollen Stimme durch alle Register, nur in
den Tiefen hätte man sich noch etwas mehr dramatische Stimmgewalt
gewünscht. Der Auftritt der bisher vor allem in Italien bekannten
Sopranistin machte auf jeden Fall Lust, mehr von ihr zu hören.
Alles andere als ein Unbekannter in Salzburg
hingegen ist Željko Lučić, der bereits 2011 einen großartigen Erfolg in
Peter Steins Macbeth-Inszenierung mit Riccardo Muti am Pult in der
Felsenreitschule feierte ebenso wie in den letzten Monaten als Renato in
Un ballo in maschera an der Mailänder Scala wie als Macbeth und Simone
Boccanegra an der Münchner Staatsoper und im September erneut in Tosca und
Nabucco an der Wiener Staatsoper gastieren wird. Ob als Nabucco im Besitz
seiner Kräfte und Macht oder dem Wahnsinn verfallen Željko Lučić versteht
mit anrührenden, leisen Tönen wie kraftvollen Ausbrüchen und langgezogenen
Legati die knapp 2200 Zuhörer im ausverkauften Großen Festspielhaus zu
berühren und in seinen Bann zu ziehen. Besser geht diese Partie stimmlich
wohl kaum zu gestalten.
In der Rolle des Zaccaria führt der russische Bass
Dmitry Belosselskiy das jüdische Volk in die Gefangenschaft und versucht
ihm mit Bassgewalt, die man sich in den tiefen Lagen noch etwas
voluminöser wünschte, den Rücken zu stärken. Hervorragend besetzt sind
auch die Tenorpartie des Ismaele durch Francesco Meli und die Partie der
Fenena durch Sonia Ganassi, ebenso die kleineren Rollen mit Saverio Fiore
(Abdallo), Simge Büyükedes (Anna) und Luca Dall’Amico (Oberpriester).
Wohltuend, dass alle Solisten mit Ausnahme der Einspringerin ohne
Notenpult vor der Nase sangen, was sich sicherlich vorteilhaft auf den
Klang auswirkte. Was allerdings etwas verwunderte war,
dass alle Solisten die gesamte Oper hindurch auf der Bühne verweilen
mussten, unabhängig davon, wann ihr Einsatz war. Langanhaltender
Applaus und Standing Ovations waren der Lohn für alle Beteiligten.
Text: Birgit Popp,
Photos: Salzburger Festspiele - Silvia Lelli |