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Wiedereröffnung Teatro Real 1997 - La vida breve - Divinas palabras

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Teatro Real

Wiedereröffnung des Madrider Opernhauses Teatro Real mit La vida breve am 11. Oktober 1997 und der Weltpremiere von Divinas palabras am 18. Oktober 1997

Teatro real, Photo: Birgit Popp
Das Teatro Real, Photo: Birgit Popp

Madrid im Oktober. Die Anspannung, der Druck, die Wiedereröffnung des Teatro Real doch noch verschieben zu müssen, ist Erleichterung und Zuversicht gewichen. Wiedereröffnet wurde das Köngliche Madrrider Opernhaus mit der Kombination von Manuel de Fallas Kurz-Oper 'La vida breve' ('Das kurze Leben') und seinem Ballett 'El sombrero de tres picos' ('Der Dreispitz') an 11. Oktober und der Weltpremiere von 'Divinas palabras' ('Göttliche Worte') am 18. Oktober, ein für die Wiedereröffnung des Teatro Real eigens vom dem spanischen Komponisten Antón Gracia Abril komponiertes Werk, dessen Libretto von Francisco Nieva auf dem gleichnamigen Theaterstück von Ramón Maria del Valle--Inclán beruht.

Auch noch einige Tage nach den Eröffnungsfeierlichkeiten ist zu spüren, wie groß der Stein war, der den Verantwortlichen vom Herzen fiel, als sich der purpurrote, goldverzierte, in Deutschland hergestellte Vorhang für die beiden operalen Neuproduktionen hob. Angesichts dessen, daß das Teatro Real bereits seit 1988 wegen der 265 Millionen Mark teuren Umbauarbeiten geschlossen war, ist kaum nachvollziehbar, daß vieles von dem seit Februar als Generaldirektor fungierenden Juan Cambreleng in letzter Minute improvisiert werden mußte, und seien es solch elementare Dinge wie das Kartenverkaufsbüro gewesen. Eine Wiedereröffnung des Teatro Real 1992, dem Jahr der Weltausstellung in Sevilla, der Olympischen Spiele in Barcelona und Madrid als Kulturhauptstadt Europas, in Erwägung gezogen zu haben, so Cambreleng, war reine Illusion gewesen, "1991/92 konnte überhaupt erst mit den Umbauarbeiten begonnen werden. Zuerst mußten andere Räumlichkeiten für das Konservatorium und die Schauspielschule gefunden werden."

1992 hatte sich Spanien auch finanziell übernommen, die Fortführung der Umbauarbeiten war zeitweise in Frage gestellt. Daß aus Geldgründen der Umbau des Teatro Real blockiert wurde, war in seiner wechselvollen Geschichte nichts Neues. Obwohl die Grundsteinlegung bereits 1818 erfolgte, wurde es erst 1850 eröffnet. Bis 1925 erlebte das Teatro Real eine recht glanzvolle Zeit. Dann wurde es wegen angeblicher, beim Bau der Metro entstandener Statikschäden geschlossen. Nach einigen Renovierungsarbeiten erfolgte die Wiedereröffnung erst 1966. allerdings nur als Konzerthaus, dies jedoch mit einer Akustik, die weltweit gerühmt wurde und die von ihrem hervorragenden Klang durch die neusten Umbaumaßnahmen nichts eingebüßt hat.

Die Einhaltung des Termins vom 11. Oktober war erneut durch die im Februar erfolgte Demission des künstlerischen Direktors des Hauses, dem Franzosen Stephane Lissner, in Frage gestellt worden. Bevor er das Handtuch nach Kompetenzgerengel mit dem Kulturministerium warf, hatte Lissner noch die Einsetzung Cambrelengs als Generaldirektor durchgesetzt. Lissners Nachfolge als künstlerischer und musikalischer Leiter trat der in Deutschland (u.a. München, Dresden, Stuttgart, Berlin) häufig engagierte Dirigent Garcia Navarro an. Daß namhafte Künstler wie Lorin Maazel oder der Regisseur Herbert Wernicke absagten, wurde in den deutschen Medien genre als Folge von Lissners Demission dargestellt. Die Absage von Maazel soll jedoch bereits schriftlich vor dem Rückzug Lissners aus Zeitgründen erfolgt sein. Ebenso Terminprobleme sollen der Grund für die Absage Wernickes gewesen sein, mit dem eine Zusammenarbeit für die nächste Spielsaison vorgesehen ist. Eine Realisierung von der zwischenzeitlich für die Eröffnung geplanten Parsifal-Aufführung mit Plácido Domingo in der Titelpartie wurde ebenfalls aus mangelnder Zeit für die Vorbereitungen abgesagt. Der Startenor willigte ein, stattdessen in der Weltpremiere von 'Divinas palabras' zu singen.

Aus einem einmaligen Eröffnungsabend wurde ein einwöchiges Eröffnungsprogramm. Bereits aus der Zeit vor Cambrelengs Berufung durch das Präsidium der für die Geschicke des Teatro Real verantwortlichen Stiftung, dem zu 77,5 Prozent das spanische Kulturministerium und zu 22,5 Prozent die autonome Regierung der Region Madrid angehören, beschlossen, am 11. Oktober mit 'La vida breve' zu eröffnen. Angesichts der Kürze der Oper von nur einer knappen Stunde fügte Cambreleng noch das Ballett 'Der Dreispitz' hinzu. Während 'La vida breve' mit dem spanischen Tenor Giacomo Aragall in der Hauptrolle eine Neuproduktion ist, stammt die Inszenierung des Balletts bereits aus dem Jahr 1958 und besitzt Bühnenbildentwürfe von Picasso zur szenischen Grundlage. Die Wahl der beiden de Falla-Stücke war nicht zuletzt eine späte Wiedergutmachung. Mit 'La vida breve' hatte de Falla (1876-1946) 1905 den ersten Preis beim Kompositions-Wettbewerb der Madrider Akademie der Schönen Künste gewonnen, zur Aufführung seines Werkes am Teatro Real sollte es bis zum 11. Oktober 1997 jedoch nie kommen. Uraufgeführt wurde die einzige Oper des spanischen Komponisten in Nizza 1913.

De Fallas Werk steht sinnbildlich für eine von drei Richtungen, die sich in den zukünftigen Spielplänen des Teatro Real widerspiegeln sollen, so Garcia Navarro. Neben den traditionellen, in der internationalen Opernszene festverankerten Werken sollen auf dem Spielplan einige der seit dem vergangenen Jahrhundert geschaffenen, 150 spanischen Opern stehen, die bisher nie oder nur sehr selten aufgeführt wurden. Wie am ersten Eröffnungsabend wird auch dem Ballett breiten Raum eingeräumt werden. So werden von den rund 95 Veranstaltungen dieser Spielsaison, die in der nächsten bereits auf 200 erhöht werden sollen, gut die Hälfte Opernabende mit neun verschiedene Werke sein, 35 Abende bleiben dem Ballett vorbehalten. Was den dirtten Opernkomplex betrifft, so gilt dieser der zeitgenössischen Oper, der spanischen als auch der internationalen. So soll bereits in der nächsten Saison 'Die Bassariden' von Hans Werner Henze aufgeführt werden.

Im Falle von 'Divinas palabras' ist es ein Stück aus der Mystik Nordspaniens um Verführung, Liebe, Ehebruch, Geldgier und Vergebung, das dem Tenor in der Person des in verschiedenen Gestalten auftretenden Luceros (Luzifer) eine schwierige Partie bietet, aber auch eine glanzvolle, ihn immer wieder gut in Szene setzende. Ein sehr gut disponierter Plácido Domingo wußte die Möglichkeiten, die ihm die Rolle des verführerischen Herumtreibers bot, glänzend zu nutzen. Abril schrieb eine große Oper, mit zum Teil sehr melodischen, ansprechenden Stellen und fesselnden Chorszenen, die inhaltlich allerdings nicht leicht verdaulich ist. Die technischen Möglichkeiten, die eines der modernsten Opernhäuser der Welt vorweisen kann, kamen bei 'Divinas palabras' zum Tragen, das fing beim häufigen Einsatz von Spotlights an und hörte bei dem harmonischen Wechsel des Bühnenbildes auf offener Szene nicht auf.

Auch, wenn die Eröffnungsfeierlichkeiten sehr spanisch daher kamen, so soll in Zukunft auf Internationalität gesetzt werden. Dabei soll bei den traditionellen Opern, so Navarro, auf möglichst großer Authentizität geachtet werden. Die Opern sollen ihre Schönheit entfalten können und dem Publikumsgeschmack treffen, anstatt den Regisseuren zur Selbstverwirklichung zu dienen, so der künstlerische Leiter des Hauses.

Darüber, daß Plácido Domingo der Weltpremiere besonderen Glanz verlieh, war man in Madrid hoch erfreut. Auch der gebürtige Madrider war nach der Premiere von 'Divinas palabras voll des Lobes für das seiner ursprünglichen Bestimmung wieder übergebene Opernhaus. Schon jetzt hat er zugesagt, für den Abschluß der Saison '98/'99 in 'Samson et Dalila' zurückzukehren. Bis dahin wartet aber auf die Verantwortlichen noch viel Arbeit.

Für die laufende Saison beläuft sich das Budget auf rund 4,5 Millionen Mark, die sich für die kommende Spielsaison noch erhöhen werden. Juan Cambreleng will dabei zunehmend unabhängig von den staatlichen Zahlungen werden und die Kosten neben den Einnahmen aus Ticketverkauf, Fernsehrechten, Video- und Tonträgeraufnahmen aus Sponsorengeldern decken. Rund vierzig größere Sponsoren sind bereits Mitglied in der Stiftung geworden, die vorerst jedoch nur ein Zwei-Jahres-Vertrag mit dem Ministerium zur Betreibung des Teatros besitzt. Unter welcher Zeitknappheit gearbeitet wurde, zeigt auch der Umstand, daß eine Mitgliederversammlung bis zum Ende des Jahres erst noch zusätzliche Präsidiumsmitglieder aus den Reihen der Sponsoren und Förderer benennen muß. Bisher sind nur der Staat und das Land in diesem Gremium vertreten.

Neben der Erstellung des Spielplans für die kommende Saison steht auch die Bildung eines hauseigenen Chores an. Das Vorsingen hierzu soll in den nächsten Tagen beginnen. Daß bei der Eröffnung am 11. Oktober das Nationalorchester und ein Chor aus San Sebastian zu hören und eine andalusische Ballettgruppe zu sehen waren, sollte vor allem die nationale Einheit Spaniens symbolisieren und die Integration des einzigen funktionstüchtigen, größeren Opernhauses Spaniens auf nationaler Ebene fördern. In Zukunft wird das Madrider Sinfonieorchester, das bei den Opernprovisorien im Teatro de la Zarzuela Erfahrung im Umgang mit Opern sammeln konnte und bereits bei 'Divinas palabras' zum Einsatz kam, seine Heimat im Teatro Real finden. Ein hauseigenes Sängerensemble wird es nicht geben. Da ist der frühere Künstleragent Cambreleng ganz pragmatisch, "Festangestellte Sänger und Sängerinnen zu besitzen, könnte nur dazu führen, Rollen nicht optimal zu besetzen, da einem Ensemblemitglied eine Rolle zugeteilt wird, nur damit es beschäftigt ist." Solche faulen künstlerische Kompromisse möchte er nicht machen.

Birgit Popp

Informationen zum Teatro Real: www.teatro-real.com

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