Oper Zürich, 5.
Juni
2004
Don Carlos
Marcello Viotti
Oper der Spitzenklasse
Eine fulminante Vorstellung von Verdis
Don Carlos in der italienischen, vieraktigen Version erlebten die Besucher
des Zürcher Opernhauses am Abend des 5. Junis. Mit Neil Shicoff als in
seiner Liebe und seinem politischem Streben unerfüllter Don Carlos, Carlos
Álvarez als zwischen seiner Loyalität zu Don Carlos und Philipp II.
manövrierender Marquese di Posa und Roberto Scandiuzzi als einsamer
Potentat, der sich am Ende der kirchlichen Macht beugen muß, hätten die
männlichen Hauptpartien nicht besser besetzt sein können. Unter dem je
nach der jeweiligen Situation sensiblen bis kraftvollen Dirigat von
Marcello Viotti entwickelte sich ein Klanggebilde, das dem Werk Leen,
Frische und Kraft und zugleich Morbidität verlieh. Absolute Hochgenüsse
waren die Duette, in denen sich die Stimmen hervorragend vereinten,
zwischen Carlos und Posa zu Beginn, gefolgt von dem
Duett zwischen Philipp und Posa und dem
Duett zwischen Philipp und dem Großinquisitor stimmgewaltig verkörpert
durch Pavel Daniluk. Mit Joanna Kozlowska als Elisabetta di Valois du
Stefania Kaluza als Eboli standen den männlichen Stars ebenbürtige
weibliche Protagonisten zur Seite und so gestalteten sich die Duette
zwischen Carlos und Elisabetta, das Terzett am Brunnen und das Quartett in
den Gemächern des Königs mit großem stimmlichen Glanz. Vom Allerfeinsten
war Carlos Alvarez’ Aria in der Sterbeszene als er mit herrlichem Legato
dahinschied. Ebenso Philipps Arie ‚Ella giammai m’amò!’ zu Beginn des 3.
Aktes, die Roberto Scandiuzzi nicht mit mehr Einfühlsamkeit und Hingabe
hätte singen können. Waren gerade noch die feinen Piani und für einen Baß
hohen Töne gefragt, konnte er sich in seiner dunklen Stimmgewalt gleich
danach mit dem Großinquistor messen. Ein bewegender Abend.
Birgit Popp |
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