Teatro Real,
Madrid (ESP), June %; 2005
Don
Carlo
Roberto
Scandiuzzi (Felippo II)
Text: Birgit
Popp, Photos: Javier de Real (Teatro Real)
Historisch genauer
und prunkvoller kann man Verdis Don Carlos wohl
kaum inszenieren als Hugo de Anas Produktion aus dem Jahr 1991, die
ursprünglich in Buenos Aires Premiere hatte, bevor sie nach Europa kam
und u.a. 2001 am Teatro Real in Madrid Premiere feierte. Man darf dem in
Madrid lebenden Regisseur zu seinen Mut gratulieren, eine solche
Produktion heutzutage noch auf die Bühne zu stellen, und den
Opernhäusern dazu, den notwendigen Etat aufzubringen, denn preiswert war
die bis auf kleinste Details aufwendig und authentisch ausgestattete
Inszenierung sicherlich nicht.
Roberto
Scandiuzzi (Felippo II)
and
Ana María Sánchez (Elisabetta
di
Valois)
Daß die in Rom
gefertigten, prunkvollen Kostüme von höchster Qualität sind, zeigt, daß
sie heute – 14 Jahre nach ihrem ersten Gebrauch - noch zum größten Teil
neuwertig erscheinen. Selbst die Augenklappe Ebolis – das Auge soll sich
die schon in jungen Jahren als sehr wild verschriene Hofdame im Kampf
mit einem Pagen ausgestochen haben – durfte nicht fehlen.
Roberto
Scandiuzzi (Felippo II)
Für die erste
Besetzung, die bereits am 29. Mai die Wiederaufnahme und eine weitere
Vorstellung am 2. Juni gegeben hatte, bot das Teatro Real eine
Sängerparade vom Feinsten auf. Roberto Scandiuzzi, der als einziger der
ersten Besetzung schon in der Premiere zu hören gewesen war, gibt mit
seinem hervorragenden Legato, seiner ausgezeichneten Phrasierung, seinen
runden, wohl temperierten Tiefen, seinen für einen Baß seiner Schwärze
ungewöhnlich hohen, klaren und sicheren Höhen, seinen den Atem der
Zuhörer stockenlassenden Piani und seiner sensiblen Darstellung einen
über politische, religiöse und private Probleme innerlich zerrissenen
Potaten.
Ana María
Sánchez (Elisabetta di Valois)
and
Roberto
Frontali (Rodrigo)
Mit seinem
italienischen Landsmann Roberto Frontali als Rodrigo Marquese di Posa
besitzt er einen ihm ebenbürtigen Gegen- und Mitspieler im doppelten
Sinne, im Drama ebenso wie als Sänger-Darsteller, auf dem die positiven
Attribute gleichfalls zutreffen. Posa, zwar ein Intrigant, wie Hugo de
Ana feststellt, aber doch ein Intrigant im positiven Sinn, mit Mut und
Aufrichtigkeit und dem Bestreben für alle Beteiligten eine positivere
Zukunft zu bringen. Ein Verfechter für die Freiheit der Meinung, des
Glaubens, der Person, wie sich ihn Verdi wohl auch für Italien wünschte.
Wie er im Duett am Ende des ersten Aktes Filippo II. wortgewaltig
widersprach, bis zu dessen ‚no íiu’ (nicht weiter – nicht mehr) zog die
Opernbesucher unwiderstehlich in Bann und verschaffte ihnen eine
Gänsehaut, wohl wissend daß alle Bemühungen und Leidenschaft Posas am
Ende an der Inquisition scheitern würden.
Dolora Zajick (Eboli)
In den weiblichen
Hauptpartien glänzten die spanische Sopranistin Ana María Sánchez und
die amerikanische Mezzo-Sopranistin Dolora Zajick. Erstere als loyal zu
ihrem Ehemann Filippo II. stehende Königin, obwohl sie ihren Stiefsohn
Don Carlo liebt, dem sie ursprünglich versprochen war, mit
leidensfähigem, gut geführtem, in allen Lagen schön klingendem Sopran,
letztere als kraftvolle, in ihrer Liebe und Eifersucht zwischen Filippo
II. und Don Carlo hin- und herpendelnden Eboli, deren Schleierarie im
ersten Akt und ihr ‚Donna fatale’ im dritten Akte zu den absoluten
Höhepunkten des Abends zählten.
Ana María
Sánchez (Elisabetta di Valois)
and
Vincenzo
La Scola (Don Carlo)
Der Titelpartie
verlieh Vincenzo La Scola stimmlichen Glanz und gefiel ganz besonders
in den einfühlsamen Duetten mit Posa und Elisabetta. Askar Abdrazakov
verlieh dem Großinquisitor neben Stimmgewalt auch darstellerisch
Glaubwürdigkeit, mit äußerer Gebrechlichkeit, aber innerer
Ungebrochenheit und Machtanspruch.
Vincenzo
La Scola (Don Carlo)and
Roberto Frontali (Rodrigo)
Sehr gut besetzt
waren auch die kleineren Partien mit Fabiola Masino als Tebaldo, Ángel
Rodriguez als Heraldo und Miguel Borallo als Conte di Lerma. Getragen
wurde die Aufführung vom Klang des Orchesters des Teatro Reals, das
ebenso wie die Neueinstudierung unter der musikalischen Leitung von
Jesús López Cobos stand, dem Generalmusikdirektor des Madrider
Opernhauses.
Birgit Popp
www.teatro-real.com
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