Teatro Villamarta, Jerez de la
Frontera, Premiere 27. Mai 2005
Don Giovanni
Impressionen und Inhalt - Impressions and contents 4
Text und Photos: Birgit Popp
Ballszene
Eine hochqualitative Don
Giovanni-Produktion, wozu andere Opernhäuser Sänger aus der gesamten
Welt zusammentrommeln und sich ihrer Internationalität rühmen, das
gelang dem Teatro Villamarta in der andalusischen Stadt Jerez, sonst
vor allem bekannt durch den namensgebenden Sherry, Pferde,
Pferdestärken und Flamenco, mit einer rein spanischen Besetzung.
Zumindest war es so geplant gewesen. Am Ende musste noch nach der
Generalprobe der katalanische Baßbariton Carlos Chausson, neben dem
die Titelpartie verkörpernden Carlos Álvarez das Aushängeschild
dieser Produktion in der Partie des Leporello, wegen Erkrankung
durch Maurizio Muraro ersetzt werden, Der italienische Bass, der in
dieser Partie u.a. bereits an der Deutschen Oper Berlin und an den
Staatsopern in München und Wien zu hören war – an letzterer wurde er
als bester Sänger der Saison 1999/2000 ausgezeichnet -, meisterte
diese schwierige Situation mit Bravour.
Mozarts Don Giovanni war die 33.
Operproduktion im Teatro Villamarta, in dem auch Theaterstücke
gespielt, Flamenco getanzt und Konzerte gegeben werden, seit seiner
Wiedereröffnung im November 1996 und die einzige Oper, die seit
dieser Zeit in einer zweiten Produktion gezeigt wurde. Francisco
López, zugleich der Direktor des Teatro Villamarta, hatte gemeinsam
mit seinem Bühnenbild- und Kostümdesigner Jesús Ruiz seinen Don
Giovanni in das Sevilla der zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts
versetzt, das zwar in seinen Gemäuern zum Teil leichte
Verfallserscheinungen aufwies, aber sich in Kostümen und Dekoration
in opulenten ‚Gemälden’ erstreckte, die eine Augenweide waren. Die
fast-klassische Produktion hatte nur einen ‚Schönheitsfehler’: Sie
stellte Don Giovanni als Drogen-Juunkie dar, der auch in dieser
Hinsicht keine Grenzen kannte und das Schicksal herausforderte.
Beeindruckend war wie aus nur wenigen Veränderungen des
Einheitsbühnenbildes, sprich vor allem durch die Verschiebung der
Wände und durch einige Utensilien, immer neue Effekte erzielt und
Räume kreiert wurden. Vor allen Dingen, wenn man bedenkt, dass die
Bühne nur aus einem einzigen, platzmäßig sehr eng begrenzten Raum
bestand, ohne weitere seitliche, hintere oder tiefer liegende
Bühneräumen oder gar einer Drehbühne. Angesichts des riesigen
bühnentechnischen Aufwandes, der in anderen Häusern betrieben wird,
zollte dieses einfallsreiche und dennoch relativ einfach zu
handhabende Bühnenbild besonderen Respekt. Dass es ohne allzu großen
Aufwand transportabel ist, kommt den Plänen, diese Produktion auch
in anderen Städten Spaniens in kleineren Häusern zu zeigen,
sicherlich entgegen.
Das Ensemble bei der Libretto-Presentation
Das junge Sängerensemble zeichnete
sich durch seine Spiel- und Sangesfreude aus. Der stimmlich
hervorragend disponierte, andalusische Bariton Carlos Álvarez gab
eine kraftvolle und galant- charmante Titelfigur, die vor allem beim
frivolen Fest im letzten Akt ihren üblen Charakter voll zur
Entfaltung brachte. Als wahre Perle mit strahlender Stimme und
großartigem schauspielerischem Einfühlungsvermögen erwies sich die
aus der Nähe von Jerez stammende Ruth Rosique in der Partie der
Zerlina, die mit gerademal 29 Jahren bereits eine Weltkarriere
gestartet hat. Mit ihr harmonierte hervorragend in der Partie des
Masetto der aus Santander kommende Bariton David Rubiera, der
bereits mehrere Partien an führenden spanischen Opernhäusern wie dem
Teatro Real in Madrid oder dem Teatro de la Maestranza in Sevilla
übernommen hat. Ein hervorragendes Paar bildeten ebenso Yolanda
Auyanet als Donna Anna mit sicheren Höhen und dramatischer
Klangfarbe und der Madrider Luis Dámaso als Don Octavio mit noblem,
hellem Tenorklang, den er regelmäßig auch in Madrid am Teatro de la
Zarzuela und am Teatro Real erklingen läßt. Die in Las Palmas
gebürtige Sopranistin hat u.a. bereits an der Hamburgischen
Staatsoper einen großen Erfolg in Il turco in Italia gefeiert. Ana
Ibarra war geradezu köstlich, wie sie als Donna Elvira nicht nur
stimmlich, sondern auch mit ihrer ausdrucksvollen Mimik ihr
Gefühlsspektrum zwischen Trotz, Enttäuschung und Festhalten an ihrer
Liebe zu Don Giovanni wiedergab. Mit Carlos Álvarez hat die aus
Valencia stammende Sängerin mit ihrem klanghellen Sopran und der
schönen Mittellage bereits gemeinsam dessen CD Zarzuela-Gala
eingespielt. Trotz machtvoller Bassgewalt konnte Miguel Ángel
Zapater, der bereits an Häusern wie dem Londoner Covent Garden und
den Staatsopern in Hamburg und Wien außerhalb Spaniens zu hören war,
auch in dieser Inszenierung Don Giovanni nicht von seiner
Höllenfahrt abhalten. Die einfühlsame musikalische Leitung lag in
den Händen von Miquel Ortega, der es geschickt verstand das junge
Orchester Manuel de Falla aus Cadíz zu einem harmonischen
Klangkörper zu formen und dessen sängerfreundlichem Dirigat
anzumerken war, dass der Barcelonaer Dirigent nicht ur eine
Ausbildung als Orchester-, sondern auch als Chordirigent und Sänger
besitzt. Angesichts der beiden restlos ausverkauften, stürmisch
gefeierten Opernabenden war nur bedauerlich, dass sich dir
Aufführungsserie auf nur zwei Vorstellungen beschränkte.
Birgit Popp
Impressionen und Inhalt Teil
1 - Teil
2 - Teil
3 - Teil
4
Impressions and contents Part
1 - Part
2 - Part
3 - Part
4
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