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Simone Boccanegra - Teatro Real Madrid

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Teatro Real, Madrid, Premiere 1. Oktober 2002

Impressionen und Inhalt Teil 1  -  Teil 2 Teil 3

Simone Boccanegra


Photo: Birgit Popp

Mit einer glanzvollen, von allen Seiten umjubelten Vorstellung von Verdis Simone Boccanegra eröffnete das Teatro Real in Madrid seine fünfte Spielzeit seit seiner Wiedereröffnung im Jahre 1997. Regisseur Giancarlo del Monaco und sein Bühnen- und Kostümausstatter Michael Scott haben zusammen mit Lichtdesigner Wolfgang Zoubek haben eine atmosphärisches dichte Inszenierung aus einem Guß mit prachtvoller Ausstattung geschaffen. Die fünf Protagonisten der Premirenvorstellung am 1. Oktober waren mit Alexandru Agache (Simone Boccanegra), Elisabete Matos (Amelia Grimaldi), Giacomo Prestia (Jacopo Fiesco), Marco Berti (Gabriele Adorno) und Anooshah Golesorkhi (Paolo Albani) ebenso wie das Orchester unter der Leitung von Gabriele Ferro bestens disponiert.

Im Detail

Zur Inszenierung

Auch ein Jahr nach dem Verdi-Jahr 2001, dem 100. Todesjahr des italienischen Komponisten, steht Verdi ganz an der Spitze der Spielpläne. Noch bevor die Wiener Staatsoper am 14. Oktober 2001 mit einer Neuproduktion (bzw. Übernahme der Salzburger Festspiele) von Verdis Simone Boccanegra auf den Spielplan setzte, feierte Verdis Drama um die wiedergefundene Tochter ihre Premiere in einer Neuproduktion am Teatro Real am 1.Oktober 2002. Das Madrider Opernhaus startete mit Verdis Oper in seine fünfte Spielzeit seit seiner Wiedereröffnung im Jahre 1997 mit de Fallas La vida breve und der Weltpremiere von Abrils Divinas Palabras.

Für die Produktion von Simone Boccanegra, für dessen Libretto Francesco Maria Piave das Schauspiel Simone Boccanegra (1843) des spanischen Dramatikers Antonio Garcia Gutíerrez zur Vorlage nahm, zeigt sich kein Geringerer als Giancarlo del Monaco verantwortlich. Er brachte ein optisch- opulentes Prachtstück auf die Bühne, was zwar mancher Kritiker als zu traditionell empfand, aber den einhelligen Gefallen des Madrider Publikums fand. Daß es am Premierenabend keinerlei Buh-Rufe gab, sollte für Madrid eher die Ausnahme sein. Giancarlo del Monaco hat in den Grundfassaden ein einheitliches Bühnenbild gewählt, das an Säulen aus rotem Marmor erinnert und die Kolossalität aller Diktaturen widerspiegeln soll. Denn der Aspekt, daß Simone Boccanegra, wenn auch ein liebender Vater und gefühlvoller Mensch, dennoch letztendlich ein Diktator ist, spielte in dieser Inszenierung in del Monacos Augen eine wichtige Rolle. Doch anders als bei seiner New Yorker Inszenierung in den neunziger Jahren ist auch das Meer nicht nur im Kopf des Protagonisten vorhanden. Bis auf den Prolog spielt sich im Hintergrund en Film ab, in dem das Meer, die Brandung und der wolkendurchzogene Himmel zu sehen ist. Je nach musikalischer Stimmungslage braust das Meer auf oder wird zur ruhigeren See. Die Grundfarbe der Inszenierung ist rot. Dies spiegelt sich in dem marmorierten Wänden, in den zum Teil äußerst prächtigen Kostümen, die sich dem Zeit des Geschehens im 14. Jahrhundert anpassen. und in den Farben des Meeres und des Himmels wieder.Alles in allem ein äußerst stimmungsvolles Bühnenbild.

Zur Musik

Als Simone Boccanegra im Jahre 1857 am Teatro La Fenice in Venedig uraufgeführt wurde, war ihm kein Erfolg beschieden. Trotz mehrfacher Überarbeitung des Werkes seitens des Komponisten sollte auch späteren Aufführungen der gewünschte Erfolg versagt bleiben. Er sollte sich erst mit der 1880 erfolgten Bearbeitung durch Arrigo Boito einstellen, der versuchte inhaltliche Schwächen zu beseitigen. Die erste Aufführung des Werkes in dieser Fassung brachte 1881 an der Mailänder Scala einen überwältigenden Erfolg. Es sollte allerdings bis in die dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts dauern, bis das Werk seinen Siegeszug außerhalb Italiens so in Deutschland und in den USA an der MET antrat.

Im Musikschaffen Verdis ist Simone Boccanegra ein wichtiger Meilenstein vom der Nummernoper zum psychologisierenden Musikdrama. Auch der Dirigent der Madrider Inszenierung Gabriele Ferro stimmt dieser Auffassung zu, "Es ist die erste Oper, in der Verdi die Rezitative in einer anderen Weise behandelt. Sie besitzen nun eine mehr verbindende Wirkung. Die Instrumentalisierung ist stärker als zuvor bei Verdi eine sinfonische, auch, wenn er generell der Tradition der italienischen Oper treu bleibt. Die Klangfarben geben eine sinfonische Vorstellung." Und der Sohn des italienischen Komponisten Pietro Ferro fährt fort, "Es ist das erste Mal, daß Verdi mit dem Orchester z.B. das Bild eines Meeres erzeugt. Zu Beginn des ersten Aktes besitzt der Zuhörer das Gefühl, das Meer rauschen zu hören - das hat es bei ihm zuvor nicht gegeben. Auch die ganze Struktur der Oper ist anders. Simone Boccanegra besitzt keine richtige Arie."

Zum Ensemble

Da am Teatro Real während einer Opernserie fast jeden Abend gespielt wird, gab es zwei verschiedene Besetzungen. Die Premierenbesetzung sah Alexandru Agache in der Titelpartie des Simone Boccanegra. Der rumänische Bariton, der diese Partie u.a. schon am Covent Garden in London, an der MET in New York und der Bastille in Paris gesungen hat, verkörperte die Partie des Korsaren, der zum Doge wird, glaubwürdig mit großer Persönlichkeit und Würde, meistens auch mit guter stimmlicher Präsenz, die allerdings in den Rezitativen am Premierenabend zeitweise verloren ging. In der Gestaltung der Rezitative als auch der Piani war Carlo Guelfi als Simone Boccanegra in der zweiten Besetzung (2.10.) hingegen sehr überzeugend, ihm fehlte jedoch etwas das Machtvolle, Packende in den tieferen Lagen der Stimme. Mit dem Abschlußduett von Fiesco (Baß) und Simone (Bariton), als der am Gift sterbende Simone seinem Widersacher Fiesco enthüllt, daß Amelia dessen Enkeltochter ist, und sich die beiden Männer am Ende doch noch versöhnen, hat Verdi einer seiner schönsten Baß-Bariton-Duette geschrieben. In der Rolle des Fiescos steht mit großer Baßgewalt und stimmlicher Ausdruckskraft der Italiener Giacomo Prestia auf der Bühne in der Premierenbesetzung.  Andrea Papi steht ihm in der zweiten Besetzung kaum nach. Die Rolle der Amelia ist mit Elisabete Matos und Carmela Remigio sehr unteerschiedlich besetzt. Nicht ganz an den ansonsten von ihr gewohnten stimmlichen Glanz konnte die Portugiesin Elisabete Matos, die in Divinas Palabras bereits bei der Wiedereröffnung an der Seite von Plácido Domingo auf der Bühne des Teatro Real gestanden hatte, in der Premiere heranreichen. In den Höhen wird der Sopran der Sängerin, die mittlerweile zur gefeierten Wagner-Sängerin avancierte, einige Schärfen und des öfteren ein recht starkes Tremolo auf. Mit mehr Sensibilität, stimmlicher Geschmeidigkeit und sicheren Höhen sang Carmela Remigio die Partie der Amalia am darauffolgenden Abend. In der Premiere gab Marco Berti den Gabriele Adorno mit kraft- und glanzvollem Tenor, strahlenden Höhen und selbstbewußter Bühnenpersönlichkeit. Sein Rollendebüt feierte Nicola Rossi Giordano als Adorno am 2. Oktober. Er legte die Rolle gegenüber Marco Berti mit mehr Sensibilität und stärkerer Betonung der Piani an, hatte aber mit seinem schön gefärbten Tenor gelegentlich noch etwas Schwächen bei den Übergängen von den mittleren in die höheren Lagen. Der Mitdreißiger ist allerdings erst sehr spät zur Oper gekommen und steht noch ganz am Anfang einer sicherlich mit Aufmerksamkeit zu verfolgenden Karriere, die ihn bereits Rollen wie Radmès (Aida), Pollione (Norma) und Pinkerton (Madama Butterfly) singen ließ. Alle Voraussetzungen stimmlich wie optisch besitzt er zu einer großen Karriere und Tenöre seines Faches sind nicht zu häufig zu finden. Eine gute Figur stimmlich wie darstellerisch machte Anooshah Golesorkhi als Paolo Albani, der in allen Vorstellungen präsent sein mußte. Der amerikanische Bariton, der u.a. schon Nabucco an der Wiener Staatsoper und an der New Yorker MET gegeben hat, zählt auch die Rolle des Simone Boccanegra zu seinem Repertoire. Sein Paolo macht auf jeden Fall neugierig auf mehr.
Der Chor des Madrider Sinfonie-Orchesters bietet ein schönes Klangbild. Das Orchester unter der Leitung von Gabriele Ferro erweist sich in sängerfreundlichen Zurückhaltung, erlebt seinen Höhepunkt in der Ausmalung der Meeres zu Beginn des ersten Aktes mit einem großartigen sinfonischen Klang und versteht die melancholisch-düstere Gesamtstimmung des Werkes zu vertiefen.  

Birgit Popp

Impressionen und Inhalt Teil 1  -  Teil 2 Teil 3

SIMONe BOCCANEGRA

Oper in einem Prolog und drei Akten

Musik/Music: Giuseppe Verdi (1813 - 1901)

Libretto: Francesco Maria Piave und/and Arrigo Boito

 

Dirigent/Conductor

  Gabriele Ferro

Regisseur/Stage director

  Giancarlo del Monaco

Ausstatter/Designer

  Michael Scott

Licht/Lightning

  Wolfgang Zoubek

Chordirektor/Director of the choir

  Martin Merry

 

 

   

Simone Boccanegra

  Alexandru Agache (1, 3, 5, 8, 10, 13, 15)
Carlo Guelfi (2, 7, 12)

Amelia Grimaldi

  Elisabete Matos (1, 3, 8, 10, 13)
Carmela Remigio (2, 5, 7, 12, 15)

Jacopo Fiesco

  Giacomo Prestia (1, 3, 5, 8, 10, 13, 15)
Andrea Papi (2, 7, 12)

Gabriele Adorno

  Marco Berti (1, 3, 5, 8, 10, 13, 15)
Nicola Rossi Giordano (2, 7, 12)

Paolo Albani

  Anooshah Golesorkhi

Pietro

  Victor Garcia Sierra
 

Chor des Sinfonie-Orchesters von Madrid

Sinfonie-Orchester Madrid

Vorstellungen: 1., 2., 3., 5., 7., 8., 10., 12., 13., 15. Oktober 2002

Weitere Informationen: www.teatro-real.com

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