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La Favorite - Teatro Real Madrid
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Teatro
Real Madrid (ESP), Premiere 13. April 2003
La
Favorite
Text:
Birgit Popp, Photos:
Javier de Real
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Carlso Álvarez und Sonia Ganassi
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Dolora Sajick und Manuel Lanza
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Mit Donizettis 1840 an der Pariser Opéra
uraufgeführten La Favorite stand als April-Premiere am Teatro Real das
Werk auf dem Programm, mit dem im Jahr 1850 das Madrider Opernhaus -
wenn auch damals in der stark veränderten italienischen Fassung - eröffnet
wurde. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts zählte Donizettis
Meisterwerk zu einer der weltweit meistgespielten Opern. Der triumphale
Erfolg von La Favorite verwundert nicht, denn sie enthält einen großartigen
Melodienreichtum, dessen Grundtendenz von dramatischen Situationen geprägt
ist. Donizetti und seinen Librettisten um Eugène Scribe ist eine
begeisternde Mischung aus Mönchschören, lyrischen Arien und Duetten
und unter die Haut gehenden Verfluchungsszenen gelungen.
Stilistisch gesehen ist La Favorite
ein Bindeglied zwischen Gewesenem und Kommendem und führt vor allem
auch zu Verdi hin. So findet sich z.B. der liebliche Chor der Hofdamen im
zweiten Bild des ersten Aktes später in ähnlicher Form im Chor der
Hofdamen im zweiten Akt von Verdis Don Carlos wieder. Doch nicht nur
Verdi erinnert an Donizetti, sondern auch bei Donizetti finden sich
Anleihen, so an Rossini und Meyerbeer, aber auch an Donizetti selbst. So
ruft das Vorspiel zum zweiten Akt in La Favorite musikalisch die Stelle
in seinem drei Jahre zuvor erschienen Roberto Devereux in Erinnerung, in
der der Titelheld zur Vollstreckung seines Todesurteils im letzten Akt
gehen muß.
Heute hat sich glücklicherweise
wieder die Aufführung der ursprünglichen französischen Fassung
durchgesetzt, die nicht nur inhaltlich besser, sondern auch musikalisch
subtiler ist. Nicht zuletzt, weil sich Donizetti sehr bemüht hat, die
Eleganz der französischen Sprache in seiner Musik einfließen zu
lassen. Doch nicht nur musikalisch verzaubern die Melodien Donizettis
auch heute noch, auch inhaltlich besitzt sein Werk, das für die
damalige Zeit höchstbrisante Themen beinhaltete und deshalb in einer
unzensierten Fassung nur in Paris denkbar war, noch immer Aktualität:
Ein Priester muß die Kirche verlassen, weil er sich in eine Frau
verliebt hat. Die Geliebte, die dem Mann Glauben schenkt, daß er ihr
zuliebe seine Ehefrau verlassen und sie heiraten wird. Am Ende wird sie
doch immer nur vertröstet, da der Mann zwar mit dem Gedanken einer
Scheidung spielt, sie aber doch nie in die Tat umsetzt. Die (Trotz-)Reaktion
des Königs, der sich zwar der Liebe seiner Mätresse nicht mehr sicher
weiß, sich aber trotzdem der Kirche nicht beugen will. Der Kurzschluß
Fernands, der trotz heute weniger starkem Ehrgefühls dennoch
nachvollziehbar ist. Verletzte Gefühle führen auch heute noch dazu, daß
einer vernünftigen Argumentation kein Gehör geschenkt wird.
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Raúl Giménez
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José Bros
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Stefano Palatchi
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Der in Frankreich geborene und dort
lange tätige, spanische Regisseur Ariel García Valdés hat bei seiner in
der Grundtendenz traditionellen Inszenierung mit eher schlichtem Bühnenbild
neben prächtigen, historizierenden Kostümen vor allem auf die Kraft der
Sänger und der Musik gesetzt. Raffiniert dabei allerdings sein Einfall
einen in der Grundform rechteckigen Felsen als Hauptelement des Bühnenbildes
zu verwenden. Je nach Drehung und je nachdem, welche Seite zum
Zuschauerraum zeigt, stellt die Felsenansicht den Klostereingang, den
Lustgarten oder den Königspalast dar. Die Wirkung des Felsens wird jedoch
nicht nur durch Drehen verändert, sondern auch durch seinen Abstand zum
vorderen Bühnenrand entscheidend bestimmt.
Das Ensemble, das nicht strikt in zwei
Besetzungen unterteilt ist, zumal ohnehin nur drei Partien doppelt besetzt
sind, sondern sich vor allem in der zweiten Hälfte der Aufführungsserie
mischt, bietet einige der führenden Sänger des spanischen Kulturkreises
auf. In der Rolle des Königs Alphonse XI. alterieren die Spanier Manuel
Lanza, der sowohl die Premiere in Madrid als bereits zuvor im vergangenen
Jahr in Barcelona in der gleichen Produktion mit seinem wohlklingenden,
melodischen, vor allem im lyrischen Bereich seine Stärken besitzenden
Bariton gesungen hat, und Carlos Álvarez. Letzterer, dem die Partie mit
ihrer Nähe zu Verdi und ihrem weiten stimmlichen Umfang und ihrem Wechsel
zwischen lyrischen und dramatischen Passagen besonders gut liegt, konnte
seinen großen Erfolg von Februar 2003 bei der Premiere des selben Werkes
an der Wiener Staatsoper auch in Madrid wiederholen.
Als Fernand wechseln sich der
argentinische Tenor Raúl Giménez und der Spanier José Bros ab. Giménez,
der am Premierenabend noch etwas durch eine abklingende Bronchitis
gehandikapt war, glänzt vor allem durch seine gefühlvollen Piani und die
gleichmäßige Führung seiner Stimme durch alle Lagen. José Bros
zeichnet sich besonders durch seinen glasklaren, schönen Tenor aus. Die
amerikanische Mezzo-Sopranistin Dolora Zajick kann mit ihrem
beeindruckenden Stimmaterial, das in allen Höhen und tiefsten Tiefen von
herausragender Qualität und faszinierendem stimmlichen Klang ist, einmal
mehr ihre Stellung als führende lyrisch-dramatische Mezzo-Sopranistin der
Welt bekräftigen. Ihr kaum nachsteht die Italienerin Sonia Ganassi, deren
Schwerpunkt stärker als bei Dolora Zajick, die ihre führende Rolle vor
allem im Verdi-Repertoire erlangt hat, im Belcanto-Bereich zu finden ist.
Mit machtvollem und klangschönem Baß gestaltet der Spanier Stefano
Palatchi eindrucksvoll die Partie des Balthazar.
Zwei junge spanische Sänger geben mit
Susana Cordón, die mit einem wunderschönen, höhensicheren Sopran
ausgestattet ist, als Inès und dem Tenor Antonio Gandía als Don Gaspar
zwei überaus erfreuliche Erscheinungen mit ihrer stimmlichen und
darstellerischen Präsenz ab. Klangschön und präzise von Martin Merry
einstudiert präsentiert sich einmal mehr der Chor des Madrider Sinfonie-
Orchesters, der seine Höhepunkte im zweiten Bild des ersten Aktes als
Damenchor im Lustgarten, in den Mönchschören des ersten Bildes des
ersten Aktes und des vierten Aktes und bei dem durch seine Fröhlichkeit
die dramatische Handlung kontrastierenden Hochzeitschor des dritten Aktes
und beim Chor der hochmütigen Höflinge im selben Akt besitzt. Die
musikalische genaue, klangschöne Einstudierung und die musikalische
Leitung obliegt dem Italiener und ehemaligen Studenten des
Verdi-Konservatoriums in Mailand Roberto Rizzi Brignoli, der in seinem
Streben nach Perfektion seine langjährige Zusammenarbeit mit Ricardo Muti
an der Mailänder Scala nicht verleugnen kann.
Birgit Popp
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Impressionen
von den Proben Teil 1
- Teil 2
Transmission
in Spanish National Radio
Classic Radio of the performance of
April 26 at 8 p.m.
Weitere
Informationen: www.teatro-real.com
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