Salvatore Licitra als Cavaradossi
in dieser Rolle wird er an die Staatsoper zurückkehren
Einspringer erobert das Wiener Publikum
Daß ein Sänger eine großartige, internationale Karriere als Einspringer startet,
kommt in der Operngeschichte häufiger vor. Am 25. Januar 2001 eroberte der junge,
italienische Tenor Salvatore Licitra als Ersatz für Fabio Armiliato in der Rolle des
Gustavo III. in Verdis Un ballo in maschera an der Seite von Bariton-Star Leo Nucci als
Renato und Ines Salazar als Amelia unter dem Dirigat von Fabio Luisi die Herzen des Wiener
Publikums.
Der Gustavo war für den in Bern geborenen Sänger sizilianischer Herkunft, der in
Parma studierte, jedoch nur sein vorgezogenes Debüt an der Wiener Staatsoper. In der
kommenden Saison 2001/2002 wird Salvatore Licitra als Cavaradossi in Tosca an die Wiener
Staatsoper zurückkehren. Die Karriere des Sängers, der in der Partie des Gustavo mit
einem mit Leichtigkeit und großem Volumen und Tonumfang dahin strömenden Tenor das
große Haus erfüllte, verlief in großen Schritten. 1998 hatte er in der Rolle des
Gustavo in Parma am Teatro Regio debütiert. Noch im selben Jahr kam es mit der selben
Partie unter der Leitung von Daniel Oren zum viel beachteten Debüt in der Arena di
Verona. Der Startschuß für die internationale Karriere des jungen Tenors erfolgte 1999
mit dem Don Alvaro n La forza del destino an der Mailänder Scala unter der Stabführung
von Riccardo Muti, der Salvatore Licitra aufgrund des großen Erfolges für die
Japan-Tournee 2000 der Scala erneut als Den Alvaro verpflichtete. VVeltweites Echo fand
sein Manrico in Il trovatore bei der Vorstellung zur Saisoneröffnung der Mailänder Scala
im Dezember 2000, ebenfalls unter Riccardo Muti. An der Arena di Verona tritt der
Künstler mittlerweile regelmäßig auf und war dort bisher als Gustavo, Don Alvaro und
Pinkerton zu erleben. 2001 kommt unter Daniel Oren der Manrico hinzu.
Bariton-Star Leo Nucci als Renato - einer seiner Glanzrollen -
in den Verdi-Wochen war er außerdem als Luna in Il trovateor zu erleben
Photo: Axel Zeininger
In der Ballo-Inszenierung von Gianfranco de Bosio (Bühnenbild: von Emanuele Luzzati,
Kostüme: Santuzza Calì) spielt die Geschichte um die 1792 erfolgte Ermordung des
schwedischen Königs Gustav III., der das Theater liebte, selbst Theater spielte,
dirigierte und Theateraufführungen leitete sowie Gedichte und Stücke verfaßte und das
kulturelle Leben in Schweden maßgeblich förderte, auf einer Theaterbühne der damaligen
Zeit des ausgehenden 18. Jahrhunderts in historischen Kostümen. In schwelgerischer Weise
- wie das Spiel der Wiener Philharmoniker - läßt diese Inszenierung die Zeit wieder
aufleben. Ein Spiel, ein Tanz in den Tod, eine Verkleidung der wahren Gefühle und
Absichten ist das ganze 'der Maskenball', zu dem Antonio Somma nach Scribes Vorlage das
Libretto verfaßte. Das Werk lebt von seinen musikalischen und szenischen Gegensätzen und
Kontrastierungen (Schloß, Ulrica-Szene, Galgenberg, Maskenball), seinem außer in den
Liebesduetten schnell vorangetriebenen Geschehen, seinem Schwebezustand zwischen größter
Dramatik und Tragik einerseits und seiner Vergnügungs- und Lebenslust, letztere vor allem
verkörpert in der Person und Musik Gustavos und seines häufig als 'alter ego' des
Königs interpretierten Pagens Oscar.
Ines Salazar als Amelia
Photo: Axel Zeininger
Gustavo liebt die Frau seines Sekretärs und engsten Vertrautens Renato Graf
Ankarström. Er will diesen, damit es letztendlich nicht zum Ehebruch kommt, jedoch samt
seiner Gattin Amelia in ein anderes Land entsenden. Amelia liebt den König ebenfalls,
erwidert seine Gefühle aber nur sehr zaghaft, möchte ihn vergessen und bleibt ihren Mann
treu. Renato jedoch glaubt - wie so häufig Irrtümer in Verdis Opern eine bedeutende
Rolle spielen siehe Rigoletto oder Il trovatore - an den Ehebruch und die Untreue seiner
Frau, träumt von früheren, glücklicheren Zeiten - Leo Nucci großartig in seiner Arie
'Eri tu ..' ebenso wie in der Verschwörungsszene - und beschließt, sich den
Verschwörern anzuschließen. Das Los entscheidet zwischen ihm und den beiden Anführern
der Verschwörung, daß er den König auf dem Maskenball umbringen wird, der genaugenommen
der Opernball am 16. März 1792 war. Am Ende, als er Gustavo bereits den Todesstoß
versetzt hat, erkennt er seinen Irrtum. Gustavo verzeiht seinem ehemaligen Freund - anders
als in der wahren Historie, in der der Attentäter an den Pranger gestellt und
hingerichtet wurde, aber auch nie ein Freund Gustafs war. Todesursache war auch nicht ein
Dolch, sondern eine mit Kugel, Schrot und Nägeln gefüllte Pistole, deren
Schußverletzung der König zwei Wochen nach dem Attentat aufgrund der hervorgerufenen
Entzündung erlag.
Neben den fulminanten Stimmen von Licitra und Nucci hat es die weniger voluminöse,
aber schön geführte und mühelos zwischen den Dynamiken wechselnde Stimme von Ines
Salazar, die eine sehr introvertierte, sensible Amelia gibt, manchmal etwas schwer zu
bestehen. Darstellerisch verkörpert Daum Kotoski zwar in sehr gelungener Weise die
Spontanität und Eleganz des Pagen Oscar, ihre Koloraturen kommen jedoch nur selten
wirklich zu Geltung.
Birgit Popp